Die über Monate angekündigte Demonstration des “Bremer Frauenmarsch” scheitert auf ganzer Linie. Grund zur Entspannung gibt es dennoch nicht
Der von AfD Akteurin De Buer geplante Aufmarsch durch die Innenstadt und durchs Viertel blieb aus. Da half zuletzt nicht einmal mehr der Aufruf der NPD Niedersachsen. Für das endgültige Scheitern sorgten zum einen über 800 GegnerInnen völkisch-rassistischer und antifeministischer Propaganda. Zum anderen die Inkompetenz der OrganisatorInnen und das Desinteresse vom “Volk”.
Wer am vergangenen Samstag auf dem Marktplatz zugegen war fand nur einen mit Deutschland-Fahnen umstellten Anhänger vor, der als Bühne für Redebeiträge fungieren sollte. Sowie eine kleine Gruppierung von AfD-Fans, die dem Aufruf von De Buer dann doch noch gefolgt waren. Im Vorfeld gab es offensichtlich erneut Streitigkeiten untereinander. Mit der Ausrede “die Antifa” verunsichere sie, sagten die angekündigten TeilnehmerInnen De Buer kurzfristig ab. Der AfD-Propaganda-Kanal “Riko TV“, geführt von AfD Funktionären aus Osnabrück, die bislang mit ihrer Kamera keinen Aufmarsch ausließen, sagten in der Nacht vor dem Aufmarsch ebenfalls ab. Somit zerfiel der Aufmarsch im Grunde auf die Anzahl an OrganisatorInnen selbst. Gegen 14.00 Uhr, als die Demonstration starten sollte, verschanzten sich die AkteurInnen stattdessen hinter ihrem Anhänger vor der herannahenden Gegendemonstration. 1,5 Stunden früher als geplant, gegen 15.30 Uhr, brach De Buer die Versammlung ab. Das Desaster war perfekt.
Die OrganisatorInnen haben sich seit Beginn dieser Aufmärsche in Bremen immer wieder neu zusammengesetzt. Gezank und Spaltungen um das bisschen völkisches Theater, sorgten für immer neue Personen-Konstellationen um AfD-Akteurin De Buer. Zuletzt hatte sich Bürgerschaftsabgeordneter der AfD Bremen, Alexander Tassis, aus der peinlichen Angelegenheit still zurückgezogen. Aktuell gehören unter anderem Jürgen Wirtz und Brigitte Gerecke aus Niedersachsen zur Organisation. Man könnte über das dilettantische Treiben lachen und meinen, nur ein paar verwirrte RassistInnen wären hier am Werk. Beim genauen Hinsehen auf die Zusammenhänge und AkteurInnen, die beim Aufmarsch zugegen waren, wird deutlich, das es nichts zu lachen gibt.
Nicht Frauenrechte, sondern virulenter Antisemitismus
Heraus sticht neben Akteurin De Buer, die bereits mit positiver Bezugnahme auf den Nationalsozialismus und Antisemitismus auffiel, der Mitorganisator Jürgen Wirtz aus Niedersachsen, Region Hannover. Wirtz war knapp zwei Jahrzehnte für die extrem rechte Partei “Die Republikaner” aktiv und vor seinem Austritt, aufgrund interner Querelen, ihr stellv. Landesvorsitzender in Niedersachsen. Selbst gibt er vor nicht in der AfD zu sein. Dieser Darstellung widerspricht jedoch, dass er für die AfD Niedersachsen Anti-Antifa Propaganda schreibt oder auch seine Person, die auf den offiziellen Seiten der AfD präsentiert wird. Abgelehnt wurde er einst vom Petry-Flügel der AfD. Mit der seit 2017 zunehmenden Dominanz des Höcke-Flügels erklärt sich der Umschwung. Auch war Wirtz für die 2008 vom Innenministerium verbotene “Bauernhilfe e.V.” aktiv. Der Verein “Bauernhilfe” war ein Ableger der im gleiche Zeitraum verbotenen neonazistischen Organisation “Collegium Humanum“. Das herausstechende Merkmal dieser Organisationen war ihr virulenter Antisemitismus. Die AkteurInnen dieser Organisationen waren und sind Holocaust-LeugnerInnen und NS verherrlichende Kreise. Darunter auch die inzwischen zurecht inhaftierten Ursula Haverbeck-Wetzel und Horst Mahler. Des Weiteren tritt Wirtz als Redner bei Aufmärschen militanter Neonazi-Gruppierungen auf.
So zuletzt auch am 03.02.2018 in Peine. Hier hatten NPD, JN, Dritter Weg, “Volksbewegung Niedersachsen” und ähnliche geladen. Neben diesen Aktivitäten organisiert Wirtz seit Jahren “Hagida“, einen Pegida-Ableger, in Hannover. Das Equipment beim Aufmarsch auf dem Bremer Marktplatz am 07.07.2018 stammt von Wirtz selbst und wird u.a. für die “Hagida” Aufmärsche verwendet. Ein ähnlich gescheitertes Projekt, wie der Bremer “Frauenmarsch”, bei dem De Buer inzwischen auch mit Wirtz in Hannover vor leeren Plätzen auftritt. Auffallend ist sein Auftreten bei den “Frauenmärschen” in Zusammenhang mit seiner Vergangenheit bei der neonazistischen “Bauernhilfe”. So taucht in Niedersachsen beim Aufmarsch in Papenburg am 10.06.2018 auch die Holocaustleugnerin und Neonazi-Funktionärin Imke Barnstedt auf. Wirtz und Barnstedt waren bis 2007/08 beide in der “Bauernhilfe”, bzw. “Collegium Humanum” aktiv. Es ist schon ein seltsamer Zufall, dass nun beide bei den überschaubaren “Frauenmärschen” mitmischen. Wirtz selbst hält sich mit verfänglichen Äußerungen zwar zurück, seine Auftritte und Aktivitäten der letzten Jahrzehnte lassen ihn sehr wohl als festen Teil neurechter und neonazistischer Strömungen erscheinen.
Auch Teil der Organisation von “Bremer Frauenmarsch” ist Brigitta Gerecke aus Emmern, Niedersachsen. Gerecke trat zusammen mit Wirtz beim Neonazi-Aufmarsch auch in Peine auf, um dort ebenfalls als Rednerin aufzutreten. Die sich als “besorgte Bürgerin” gerierende Gerecke fungiert aktuell als stellv. Organisatorin des “Frauenmarsch”, gemeinsam mit De Buer. Frauen in der rechtsextremen Szene werden trotz des “NSU” gesellschaftlich immer noch in ihrer Bedeutung für diese Strukturen unterschätzt. – Beim Neonazi-Aufmarsch in Peine machte Gerecke deutlich, keine Berührungsängste mit militanten Neonazis zu haben und sich als selbstverständlichen Teil dieser rechtsextremen Szene zu sehen. Die AfD hatte in einem Rundschreiben mitgeteilt mit welche Organisationen sich ihre Mitglieder besser nicht zeigen sollten, um das Image einer vermeintlich bürgerlichen Partei zu wahren. Hierzu betonte Gerecke bei ihrer Rede in Peine, dass es ihr egal sei und sie bewusst die Nähe zu genannten Kreisen sucht. Das Umfeld das die OrganisatorInnen des “Bremer Frauenmarsch” bedienen ist überwiegend durch schwerste Gewalttaten in Erscheinung getreten und mehrfach wegen Volksverhetzung verurteilt. Die ständige Betonung der AkteurInnen Gewalt zu verurteilen ist insofern Propaganda, als dass sie selbst Teil gewaltorientierter Strukturen sind. Die stets nur dann sich betont betroffen geben, wenn die Gewalt nicht von ihnen selbst ausgeht.
Militantes Rocker-Milieu nicht weit
Ebenfalls bei “Frauenmärschen” in Niedersachsen und Bremen zugegen sind Kreise der nicht weniger gewaltorientierten Hells Angel, die als Ordner fungieren oder wie zuletzt in Bremen als stille Beobachter am Rande des Geschehens. So war der auf dem Lichtbild gezeigte Akteur am 05.5.2018 in Delmenhorst Ordner beim rechtsextremen Aufmarsch; mit Neonazis unter AfD Funktionären. Die sich mit einschlägigen Tätowierungen zeigten, in Shirts mit der Aufschrift “White Power” posierten oder auch Akteuren der JA, die mit IB Logo zu sehen waren. Der gezeigte Akteur ist nicht das erste Mal in Bremen dabei gewesen. Auch bei vorherigen Aufmärschen blieb dieser im Hintergrund und beobachtete die Gegendemonstration. So auch in Papenburg am 10.06.2018. Verbindungen zwischen AfD und Hells Angel sind in der Vergangenheit immer wieder in Bremen und Niedersachsen sichtbar geworden.
Insgesamt sind vor allem rechtsextreme Strukturen aus Niedersachsen am “Bremer Frauenmarsch” interessiert. De Buer fungiert letztendlich nur in der Funktion als Anmelderin. Die Organisationen die zuletzt für die Aufmärsche in Bremen warben, sind auffallend diejenigen die auch im Februar beim Neonazi-Aufmarsch in Peine zugegen waren. Darunter “Volksbewegung Niedersachsen” und NPD Kreise. Dies in Kombination mit AfD Kreisverbänden in Niedersachsen, die ebenfalls durch ihre völkischen AkteurInnen in Erscheinung treten. Dass die NPD Niedersachsen den “Frauenmarsch Bremen” bewarb ist also kein Zufall.
So müssen die Aufmärsche in Bremen auch als Teil neonazistischer Netzwerke eingestuft werden. In einem Interview mit einem AfD nahen Medium verkündete De Buer im Herbst ihre Aufmärsche in Bremen fortzusetzen.
Redaktion
AfD Watch Bremen
Presse
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Dieser Beitrag wurde am 17.02.2023 editiert.
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