Brandt in einer Selbstinszenierung als völkischer Nationalist. Bildquelle: Screenshot, FB, Sebastian Brandt, 2018

Mitbewohner und Vertrauter des Vorstandsmitglieds der Bremer “Jungen Alternative”, leugnet den Holocaust und möchte JüdInnen brennen sehen. Eine AfD Watch Recherche in die antisemitische Welt eines Bremer AfD Fans, die direkt zum Landesvorstand der AfD führt

In den vergangen Woche warnte der Zentralrat der Juden davor sich der AfD anzuschließen. Dessen Präsident Schuster hält die AfD eine für Juden gefährliche Partei. Seine Worte “Die AfD ist eine Partei, in der Judenhass und die Relativierung bis zur Leugnung der Schoa ein Zuhause haben“, könnten für den von uns recherchierten Fall nicht zutreffender sein.

Der Schriftführer vom Bremer AfD Landesvorstand und Stellvertreter der Jugendorganisation, Marvin Mergard, lebt nicht allein in einer Dachgeschosswohnung im Stadtteil Vegesack. Bis zum offiziellen Austritt aus der “Jungen Alternative“, hatte “IB” Funktionär Jonas Schick gemeinsam mit Mergard bis 2017 in dieser zwei Zimmer Wohngemeinschaft gelebt. Schon kurz darauf wurde das freie WG-Zimmer von Sebastian Brandt bezogen. Ausgerechnet Brandt, der sich schon vorher mit der “IB” gemein machte und über Social-Media-Likes Sympathien hegte mit der von Behörden als rechtsterroristische Vereinigung eingestuften Neonazi-Gruppierung “Nordadler.

Brandt verdeutlicht seinen Hass auf JüdInnen mit einem grausamen Bild. Eine Frau schreit hasserfüllt in einen eingeschalten (Gas?)Backofen “Fuck you, J***!“. (Wir haben aufgrund der aus unserer Sicht justiziablen Hetze die von diesem Bild ausgeht, dieses Posting unkenntlich gemacht) Bildquelle: VK.com, Sebastian Brandt, 2018

Im Zusammenhang mit der Ankündigung des Landesverfassungsschutz (VS), die Bremer “JA” fortan zu überwachen, gab es in der Mergard-Brandt Wohngemeinschaft “am 03.09.2018 eine Hausdurchsuchung“, so Innensenator Mäurer sowie Leiter des Bremer VS in einer Pressekonferenz. Noch am selben Tag ließ sich raushören, dass wegen des dringenden “Tatverdachts der Volksverhetzung” ermittelt würde. – Nach bisherigen Recherchen ist Mergard eher vorsichtig mit öffentlichen Äußerungen, welche die Partei politisch beschädigen könnten. Brandt, der kein Funktionär der AfD ist, hat überhaupt keine Ambitionen vorsichtig zu sein. Sondern kippt seinen puren Judenhass in sozialen Medien offen aus. Weshalb anzunehmen ist, dass sich die Hausdurchsuchung vor allem gegen Brandt richtete. Brandt, der sich zudem mit einem Alias des Holcaust-Leugners Michael Winkler im Netz bewegt, betreibt zudem eine Homepage, in dem der Nationalsozialismus glorifiziert wird. Bevor AfD Landeschef Magnitz seine FB Freundesliste verbarg und bevor Brandt’s von Hass zerfressenes FB Konto vor ein paar Wochen plötzlich verschwand, waren beide online befreundet. Ebenso Mergard und weitere Bremer AfD Funktionäre. Inzwischen hat Brandt ein neues FB Konto eingerichtet.

Ein Beispiel für Brandt’s virulenten Antisemitismus, macht das von der Redaktion gepixelte Posting (s.o.) kenntlich. Auf einem seiner vielen antisemitischen Postings ist eine Frau vor einem Backofen zu sehen. Diese schreit hasserfüllt in den eingeschalteten Backofen hinein “Fuck you, J***!”. Je nachdem lässt das Bild nur die Interpretation zu, JüdInnen verbrannten in diesen Ofen oder würden darin vergast. Dieses Posting von Brandt, das sich im justiziablen Bereich bewegen könnte, ist beim Social-Media Anbieter VK.com auf Brandt’s Konto zu sehen. Brandt lässt auf seinem VK Account keinen Zweifel an seiner Freude am Holocaust, der absurder Weise gleichzeitig geleugnet wird. Hitler wird von ihm als übermenschlicher Retter des deutschen Volkes stilisiert, was mitunter bei Brandt in Teilen neonazistischer “Reichsbürger” Ideologie mündet. Die Architekten des Holocaust werden von Brandt glorifiziert. Neben einschlägigen NS Blackmetal-Bands wie Varg Vikernes, finden sich VK Kontakte mit Schwarzer Sonne im Profilbild. Zudem wird daneben schon fast harmlos wirkend “Freiheit für Ursula Haverbeck” gefordert. Die für Brandt interessanteste öffentliche Person ist neben Steve Bannon, wie sollte es anders sein, Björn Höcke.

Antisemitismus ist innerhalb der Bremer AfD normalisiert

Im Juni 2017 waren die Bremer AfD Funktionäre Robert Teske und Marvin Mergard nach Berlin zum Aufmarsch der “IB” gereist. Was damals kaum in der Öffentlichkeit hinterfragt wurde, in welchen Zusammenhängen sie das taten. Mitgereist war neben einem Großteil der Bremer “Identitären”, auch Marvins ehemaliger Mitbewohner und “IB” Funktionär Jonas Schick. Auch dabei, Mergard’s derzeitiger Mitbewohner Brandt. Ähnlich wie die AfD ihre Beziehung zur Bremer “IB” AkteurInnen versteckt und leugnet, versteckt sie auch solche Neonazis. Die Partei weiß ganz genau, dass sie die einschlägigen Neonazis um und in der AfD, vor der Öffentlichkeit verstecken muss. Der Schein des bürgerlichen ist besonders während der Wahlkampfzeit zu wahren. Dass sich Antisemitismus ungebremst in der AfD ausbreiten kann, liegt mitunter auch an solchen Verflechtungen zur “IB”. Allein ein oberflächlicher Blick auf die Szene mit der die AfD Bremen in Berlin mit der “IB Bremen” aufmarschierte, verdeutlicht, dass Antisemitismus ständiger Begleitton in diesen Kreisen ist. Neben extrem rechten Burschenschaftern marschierten mehrfach verurteilte Neonazis, “Reichsbürger”, Funktionäre der NPD, Personen aus dem Umfeld der rechtsextremen Kleinpartei “Der Dritte Weg” gemeinsam mit AfD Funktionären. Diese Mischgruppen eint neben völkischen Nationalismus und Aggressionen gegen Muslime, ein zutiefst antisemitisches Narrativ.

Eines von einer Vielzahl von Brandt’s positiven Bezugnahmen auf Verbrecher und Verbrechen des Nationalsozialismus. (Hakenkreuze wurden von der Redaktion unkenntlich gemacht). Bildquelle: VK.com, Sebastian Brandt

Holocaustleugnung und antisemitische Verschwörungstheorien

Dass die AfD ihre plötzlich entdeckte Sorge, um das Wohl der JüdInnen in Deutschland nur als neues strategisches Feigenblatt verwendet, wurde bundesweit an vielen Beispielen bereits deutlich. AfD Landtagsabgeordneter und Holocaust-Leugner Wolfgang Gedeon, der antisemitische Schriften veröffentlicht und Holocaust-LeugnerInnen als “Dissidenten” verharmlost, ist innerhalb der AfD Führungen nur die Spitze des Eisbergs. Regional finden sich ähnliche und noch üblere Zusammenhänge. So moniert Landeschef Magnitz zwar auf der einen Seite, das “Jude” als Schimpfwort auf Schulhöfen wieder Einzug erhalten hat und postet entsprechend für das eigene Alibi etwas passendes zur “Deutsch-Israelischen Freundschaft”. Auf der anderen Seite findet Magnitz Antisemitismus aber nur dann politisch erwähnenswert, wenn es in einen eindimensionalen Kontext mit Muslime gestellt werden kann. Magnitz Kommentar zu antisemitischen Angriffen die beweisbar von deutschen Neonazis ausging: “Hier wird wieder versucht, Antisemitismus den Deutschen in die Schuhe zu schieben” kennzeichnet, wie in unzähligen Beispielen, dass es AfD FunktionärInnen nicht um das Wohl von JüdInnen geht, sondern um ihr eigenes. Neben dem Effekt Antisemitismus so in die Alleinverantwortung von Muslime stellen zu können, geht es auch darum, vom tief verwurzelten Antisemitismus in der AfD abzulenken.

Demonstrant auf einer Pegida-Veranstaltung mit Deutschland- und Isrealfahne. Für antisemitische Anhänger der AfD kein Widerspruch, solange es gegen Muslime taugt. Bildquelle: Tagesspiegel

Die AfD unterhält in weiten Teilen der Partei gut vernetzte Kreise, die Muslime als äußeren und JüdInnen als den inneren Feind dämonisieren. So bewirbt Magnitz am 23.11.2015 ein verschwörungstheoretisches Video, das den sogenannten “Hooton-Plan” als Ursache hinter einer vermeintlichen “Islamisierung” Europas propagiert.  Der “Hooton-Plan” ist eine in neurechten bis neonazistischen Kreisen beliebte Erzählung, wonach amerikanische JüdInnen nach dem Untergang des NS Regimes, das “deutsche Volk auszutauschen” bzw. “zu vernichten” suchen. Dabei würde die “Ausrottung der Deutschen” oder “Genozid am deutschen Volk“, in einen im Hintergrund laufenden weltumspannenden Masterplan von einflussreichen JüdInnen vollzogen. Muslime seien dabei “Invasoren“, die selbst unwissend über die geheimen Pläne, den “Großen Austausch” final ermöglichten. Zu dieser Erzählung gehört auch, dass Linke, KommunistInnen, AntifaschistInnen gesteuerte oder gekaufte Erfüllungsgehilfen des vermeintlichen Plans seien, welche in “antideutscher” Erziehung durch die “linksgrün-versifften 68er Pädagogen“, den “Volkstod” mit herbeiführen sollen. Durch schulische Indoktrination seien sie vom “Schuldkult” getrieben, die vermeintlich “widerständigen Kräfte des deutschen Volkes” einzuschüchtern, irrezuführen oder zu zermürben.

Wenn AfD Funktionär Mergard neurechte Propagandavideos anfertigt und öffentlich macht, die das Erinnern an den Holocaust als “Schuldkult” abwertet, bedient er nicht nur typische Begriffe der “IB”, sondern versucht den Nullpunkt der Zivilisation zu verharmlosen, als nur irgendein Ereignis von vielen “Tiefpunkten” europäischer Geschichte. Gaulands “Vogelschiss“-Rede zielt bspw. auf die gleiche Abwertung, wie Mergard. Ein “omnipräsentes, quasi-religiöses Schuldgefühl” würde den Deutschen eingepflanzt, wie Mergard das Erinnern an die Shoa öffentlich nennt. Das bei solchen Verlautbarungen von AfD FunktionärInnen, im Einklang mit der “IB” Propaganda, sich Jugendliche berufen fühlen am Valentin-BunkerStoppt den Schuldkult” zu sprühen oder Hakenkreuze am Sedanplatz zu schmieren, ist vorhersehbare Folge. Verantwortung will die AfD selbstverständlich nicht für ihre gefährliche Propaganda übernehmen. “Damit haben wir nichts zu tun!” heißt es dann von AfD FunktionärInnen und entsprechend schaut das Gros der bürgerliche “Mitte” auch gleich wieder weg.

AfD Akteure und Fans aus Bremen und Niedersachsen, halten beim Aufmarsch in Berlin 2018 ein Banner, dessen Aufschrift ein antisemitisches Narrativ propagiert. Bildquelle: FB, AfD Bremen, 2018

Antisemitismus ist elementar in der Bremer AfD

In Bremen ist der virulente Antisemitismus, wie in anderen Ablegern der Partei überall zu entdecken, sofern genau hingesehen wird. Nur einige Beispiele jüngster Vergangenheit:

Gerald Höns betreibt einen Bunker in denen der National-Sozialismus mit ausgehängten Nachdrucken von NS Propaganda-Bildern verharmlost wird. Ein AfD Büro in diesem Bunker wird von ihm belustigt zum “Führerzimmer” erklärt. Sein Volksgenosse, der schon für die AfD im Beirat Walle auftrat, Uwe Fastenau, postet ohne Unterlass judenfeindliche Statements in Reichsbürger-Jargon auf der gemeinsamen Homepage von ihm und Höns. Mergard feiert Grauzonen Bands, deren Labelvertrieb auch NS Blackmetal-Bands supporten. Mergard und Teske decken, wie die gesamte AfD, die “IB” und vertreten offen dessen Ideologie. Welche selbst zutiefst antisemitische Narrative zum Kern hat und in Bremen vor allem aus ehemaligen NPD Akteuren besteht. Teske und Magnitz posten Propaganda, der von Antisemiten Philip Stein betriebenen “IB”-nahen Vernetzungsplattform “Ein Prozent”. Teske gab gleich nach Ankündigung der VS Überwachung seiner Jugendorganisation, dieser “IB” nahen Plattform ein Interview. Magnitz, der Landeschef der AfD, trägt das alles munter mit. Bei seiner letzten Bundestagsrede benutzte Magnitz wie selbstverständlich den “IB” Begriff “Remigration. Auch gibt Magnitz der extrem rechten “Zuerst!” auch schon mal ein Interview. Deren Autoren und Gäste ebenfalls antisemitische Propaganda hofieren. Sämtliche von der AfD beworbenen Blätter unterhalten AutorInnen, die Antisemitismus, bzw. antisemitische Verschwörungstheorien reproduzieren. Die Bremer AfD Akteurin De Buer, die zu Alexander Tassis AfD Unterorganisation gehört, postetet selbstgebastelte NS verherrlichende Collagen und findet offen antisemitische NS Bands “A3stus” oder auch “Stahlgewitter” unterstützenswert. Bei der letzten AfD Veranstaltung auf dem Bremer Marktplatz, am 07.07.2018, organisierte Jürgen Wirtz die AfD Kundgebung. Wirtz war zusammen mit den Holocaust-LeugnerInnen Horst Mahler und Ursula Haverbeck, in der inzwischen verbotenen judenfeindlichen Organisation “Collegium Humanum“/“Bauernhilfe” aktiv und fast zwei Jahrzehnte Teil der rechtsextremen Partei “Die Republikaner”.

Iloff, KV AfD Diepholz, (links) mit Abgeordneten Magnitz, AfD Bremen zur Inszenierung angeblicher Trauer in Kirchweyhe. Bildquelle: Recherche Nord, 2018

Der AfD Funktionär und Neonazi Andreas Iloff im Kreisvorstand Diepholz, steht im engen Kontakt der Bremer Landesführung. Seine Biografie strotzt nur so von antisemitischen Bezügen. Die Kontakte von Iloff zu NPD Chef Thorsten Heise und der militanten Neonazi-Szene unterstreichen zudem die Abgründe des Hasses gegen JüdInnen in der AfD. Der gemeinsame Auftritt von Magnitz und Iloff, sowohl während des Wahlkampfs 2017, wie auch in Weyhe 2018, adressieren vor allem an die Neonazi-Szene. Dessen Markenkern radikalster Antisemitismus ist. Ein Banner bei einem Aufmarsch in Berlin 2018, das der AfD Kreisverband Osterholz-Verden zur Schau stellte und das von der AfD Bremen mitgetragen und beworben wurde, nutzte für die Szene codiert ein gängiges antisemitisches Narrativ, mit der Aufschrift “Stoppt den Genozid an den Deutschen“. Decodiert verweist diese Parole auf den “Hooton-Plan”, bzw. “Morgenthau-Plan” oder auch “Soros-Plan“, usw. (s.o.). Wenn gefragt würde, wer denn konkret diesen “Genozid” plane und ausführe, kommt in den offen neonazistischen Kreisen, die nicht Wahlen gewinnen müssen und die ihr bürgerliches Ansehen wenig kümmert, eine deutliche Antwort: “Die Juden!“.

AfD Strategien durchschauen

“-trotz Juden in der AfD”. Kurz nach Bekanntgabe der offiziellen Gründung “Juden in der AfD” instrumentalisiert die Bundesführung der AfD bereits ihre neue Unterorganisation als Feigenblatt. Bildquelle: AfD, Meuthen, 10/2018

Der Antisemitismus in der AfD ist auf der einen Seite subtil, auf der anderen Seite so virulent, dass deutlich sein muss, die AfD benutzt ihre neue Unterorganisation “Juden in der AfD” gezielt als strategisches Feigenblatt. Ähnlich wie “Homosexuelle in der AfD“, um LGBT-feindliche Positionen rechtfertigen zu können. Die letzten Studien zum Antisemitismus, dokumentierten die mit Abstand höchste Quote bei der AfD. Der Flügel um Björn Hocke, der die gesamte Partei dominiert, hat über Jahre massiv an die Nazi-Szene adressiert. Diese antisemitische Anhängerschaft kann die Bundesführung nicht mehr abstoßen, ohne selbst an den Wahlurnen Schaden zu nehmen. Das Ereignis in Chemnitz, bei dem die AfD offen mit militanten Neonazis marschierte, wird diese Annäherung noch verstärken. Antisemitische Äußerungen werden folglich in der Partei zunehmend normalisiert. Entsprechend auch die Folgen daraus. Wie Gewalt gegen jüdische Einrichtungen und JüdInnen selbst. In Chemnitz überfielen Neonazis am Rande des Aufmarsches ein jüdisches Restaurant. Das Zeigen des Hitlergrußes und anti-jüdische Parolen auf AfD Aufmärschen nehmen deutlich zu. Dazu von der AfD kein Wort. Oder sie behauptet wider objektiver Belege, neonazistische Ausschreitungen seien “Fakenews” der “Lügenpresse”.

Genau das macht die AfD zum Idealen Partner für neonazistische Organisationen. Der Bundesführung der AfD, wie auch den Landesverbänden, kommt es gerade recht, dass sie nun bei jeder Kritik am partei-immanenten Antisemitismus, sich mit dem Verweis auf “Juden in der AfD” aus der Kritik ziehen kann und ungebremst weiter gegen Minderheiten hetzen. Von dieser billigen und gefährlichen Strategie darf sich niemand täuschen lassen.

Redaktion
AfD Watch Bremen