Von Faschist zu Faschist. Tassis während des vorgeblichen “Trauermarsches” in Chemnitz im Gespräch mit Leitfigur Höcke. Bildquelle: Screenshot, FB, Tassis

Delegierte der Bremer AfD beim völkisch-nationalistischen Aufmarsch in Chemnitz. Mittendrin statt nur dabei, der Abgeordnete Alexander Tassis

Anfang des Monats demonstrierte die AfD in Chemnitz. Nicht etwa für Trauer oder Mitgefühl mit Hinterbliebenen eines Ermordeten, sondern für das offizielle Zusammengehen zwischen (außer-)parlamentarischer Neurechten und der bundesdeutschen Neonazi-Szene. An ihrem Kopf der thüringische Landtagsabgeordnete und Galionsfigur des völkischen AfD Flügels, Björn Höcke. Was als zufälliges, nur temporäres, Zusammengehen zweier vermeintlich unterschiedlich politischen Lager, durch die AfD inszeniert wurde, entpuppte sich schnell als abgesprochenes Szenario und Kalkül. Bewusst hatten die Köpfe von Pegida und das völkisch-nationalistische Umfeld um Höcke, in Chemnitz den gemeinsamen Schulterschluss mit Neonazis gesucht. Es reihten sich die bekanntesten ProtagonistInnen der verschiedenen neurechten Strömungen und militanter Kameradschaft-Szenen aneinander. Darunter AkteurInnen verbotener Organisationen, wie der “Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ)” oder auch bundesweit bekannte Akteure der “Identitären Bewegung”, wie Martin Sellner, Skandierend verband die diversen Strömungen der Name ihres Gastgebers: “Höcke!“.

Tassis (3. Reihe hinter Höcke) nicht nur umgeben von AfD FunktionärInnen. Sondern von Akteuren von Pegida, Identitären und militanten Kameradschaften. Sowie Akteuren verbotener Organisationen und Rechtsterroristen

Wie viele Neonazis sind ein völkischer Aufmarsch?

Bei diesem Mosaik ultrarechter Strömungen um die AfD, ist der Abgeordnete Alexander Tassis immer wieder mittendrin. Das ist kein Zufall. Die gemeinsame Agenda des Bremer Landesverbandes, seiner Jugendorganisation sowie von Tassis selbst, ist über verschiedene Netzwerke und Strukturen hinaus darauf ausgerichtet, die AfD (über-)regional in die Macht- und Einflussspähre von Höcke zu rücken. Das geschieht beispielsweise über das völkisch-nationalistische Netzwerk “Ein Prozent“, über die “IB“, über neurechte Verlage und Institute sowie über gemeinsame Aufmärsche und Provokationen. Die Liste ist inzwischen lang. Dass Björn Höcke zweifelsfrei als Neofaschist eingeordnet werden kann, ist dem Bremer Landesvorstand und Tassis egal. Man freut sich geradezu, wenn der Höcke-Flügel in etablierten Medien als besonders radikal beschrieben wird. Denn genau so adressiert er und genauso will er sich verstanden wissen. Während gleichzeitig von diesen AfD AkteurInnen gegenüber etablierten Medien vehement geleugnet wird völkisch-nationalistisch zu sein. Die AfD setzt damit eine Strategie um. Dies tat sie in Chemnitz, als “Lügenpresse” skandiert wurde und Journalisten bedroht und angegriffen. Sie tut es, wenn Tassis öffentlich die Bundeskanzlerin mit Hitler gleichsetzt. Und in besonders schäbiger Weise, wenn sie Hitlergrüße und Menschenjagden kleinredet oder leugnet.

Auch aus Bremen angereist, der stellv. Landesvorsitzende der AfD Bremen und Mitglied der Stadtverordnetenversammlung, Thomas Jürgewitz (Mitte, links). Wie in Bremen liefen Tassis und Jürgewitz getrennter Wege, aber mit demselben Ziel

Die Rolle der Bremer AfD

Beim AfD Bundesparteitag in Hannover 2017, war es der Bremer Landesverband, der ein Parteiausschlussverfahren gegen Höcke sofort aufgehoben wissen wollte. Bei Kundgebungen und Demonstrationen in Thüringen, waren abwechselnd der Landesvorstand und Tassis in erster Reihe anzutreffen, wenn Höcke auftrat. Auch im völkisch-nationalistischen Elite-Club “Der Flügel” oder auch bei der “Patriotischen Plattform“, ist die Bremer AfD vertreten. Beides Foren der Partei, in denen im Sinne der Strategie von Höcke und Götz Kubitschek, die AfD stabil weiter nach rechtsaußen radikalisiert wird. Tassis reist seit Jahren fast unbemerkt durch die gesamte Bundesrepublik und versucht in außerparlamentarischen Unterorganisationen der AfD, dem Erfolg Höcke’s weiter den Weg zu ebnen. Dazu gehört für die AfD eine breite Vernetzung in sämtliche Regionen der Bundesrepublik und darüber hinaus. Schon weit vor Chemnitz war Tassis in Delmenhorst mit Neonazis mitmarschiert. Seine Ausflüchte und die bürgerliche Empörung darüber, waren programmatisch nahezu identisch, wie jene von der Bundes-AfD nach Chemnitz. Sogar bei seinen Selbstinszenierungen in den entlegensten Regionen, scheut Tassis keine Gelegenheit sich mit rechtsextremen Akteuren und Unterstützerkreisen, wie bspw. der “IB”, abzulichten.

Das Netzwerk von Tassis und dem Landesverband um “Der Flügel” und “Patriotische Plattform“, hatte von Anfang an sich für eine Verschmelzung von AfD, “Identitären” und Pegida ausgesprochen. Das war lange vor dem 01.09.2018 in Chemnitz. Die Bremer AfD ist seit 2015 unmittelbar daran beteiligt, diese Entwicklung bundesweit zu befördern, um das strategisches Kalkül des Höcke-Flügels und neurechten Vordenkern, wie Kubitschek, umzusetzen. Weshalb es unverständlich ist, warum so einige JournalistInnen. auch in Bremen, weiterhin daran festhalten, es lediglich mit einer atypisch “demokratischen” Partei zutun zu haben und somit völkische NationalistInnen, ohne Not, fahrlässig normalisieren. Das relative Scheitern der AfD in Bremen darf regional nicht zur Verharmlosung der Partei und ihrer AkteurInnen führen, nur weil Sachsen weit entfernt scheint und die AfD in Bremen bislang selten in Erscheinung tritt.

Hashtags und Empörung helfen nicht

Von diesem Punkt in Chemnitz an, bekommt die völkisch-nationalistische Entwicklung der gesamten AfD eine neue Qualität. Für die AfD ist das Versteck-Spiel fortan nicht mehr nötig. Sie weiß nun, dass sie offen mit militanten Neonazis, “IB” und Pegida paktieren kann und trotzdem im Bundestrend zulegt. Verfassungsschutz hin oder her. Demokratische Parteien haben faktisch keine Handhabe gegen die neurechte Radikalisierung ganzer Landstriche. Sondern verlieren sich zunehmend im Unterholz tagespolitischer Belanglosigkeiten und künstlicher Empörungen. Statt sich über den Extremismus der Mitte bewusst zu werden und den Zeigefinger entsprechend gegen sich selbst zu richten. Währenddessen steuert die AfD auf Bundesebene, ohne viel zutun, auf die 20 Prozent zu. Der AfD dominierende völkische Flügel, hat durch seine perfide Strategie und der ihm in die Hände spielenden Misere des Kapitalismus, die liberalen Kräfte und ihre Parteien inzwischen genau da wo er sie haben will: ohnmächtig.

Redaktion
AfD Watch Bremen