Die identitäre AfD Bremen

Sellner (rechts im Bild) als neurechte Identifikationsfigur verbindet jugendlichen Lifestyle mit extrem rechter Ideologie. Bildquelle: racocatala.cat

In Bremen wurden die vom Verfassungsschutz beobachtete “Identitäre Bewegung Bremen (IBB)” mit dem ursprünglichen Namen “IB Freundeskreis Bremen” fast ausschließlich von einschlägig bekannten Neonazis im Zeitraum 2012/13 aus dem Kreis, u.a. um Christian Worch, Andreas Hackmann und Gerold Schibblock, nach anfänglichen Stammtischen, lediglich auf Socialmedia-Seiten repräsentiert.

Ende 2016 erneuerte sich die Gruppierung und wurde auch auf der Straße aktiv. Sie entwickelte für medienwirksame Aktionen zunehmend Handlungsfähigkeit. Die zeitgleich mit der Erneuerung der “IB Bremen” gegründete Bremer Junge Alternative (JA), bezieht sich auf die Organisationsstruktur der “IB Deutschland e.V.” wie sie hauptsächlich von Daniel Fiß sowie Martin Sellner, den Chefideologen dieser selbsternannten “Bewegung,” konzeptioniert wurde. Die JA Bremen bezieht ihre politische Unterstützung zur “IBB” unter anderem durch ihre intensiven Kontakte nach Berlin, Hamburg und Niedersachsen. Sellner steht bereits seit 2015 wiederum im engen Kontakt zum AfD rechtsaußen Funktionär Björn Höcke. Ebenso der Bremer JA Vorsitzende Robert Teske. Sellner und Fiß haben seit dem erreicht, besonders zwischen der AfD Jugendorganisation, Neonazis, ultrarechten Burschenschaften und der “IB”, durch verschiedenen Strategien zur Rekrutierung von neurechten Nachwuchs beizutragen.

Die jeweiligen Regionalgruppen der JA sowie der “IB”, müssen als reine Kader-Organisationen verstanden werden, deren Ziel es ist im gegenseitigen Austausch Rekruten zu gewinnen und je nach Eignung entweder in die JA oder in die “IB” -Gruppierungen einzureihen. Vgl. Seite 3 Punkt 3. Leak – Strategie-Handbuch der sog. “Identitären”.

Innerer Aufbau der Identitären Bewegung – Leak des autoritären Aufbaus auch auf Störungsmelder

Alter Wein in neuen Schläuchen

Während der lokale Ableger der “IB” in Bremen 2012 von einschlägigen Neonazis, wie Gerold Schibblock und Andreas Hackmann, zunächst mit einer FB Seite repräsentiert wurde und es eher bei ein paar Stammtischen blieb, liegt das Interesse der JA in Bremen auf Präsenz und Rekrutierungsfähigkeit der “IB”, wie es ihr bspw. in Berlin mit medienwirksamen Aktionen gelang und so zielgemäß in bürgerlichen Medien in Erscheinung trat. Mit dem Effekt weitere Jugendliche positiv anzusprechen und extrem Rechte Ideologie weiter in der geselleschaftlichen Mitte zu normalisieren. Auch wenn die “IB” an einem gewaltfreien Image gelegen ist, finden sich in nahezu allen Ablegern militante Neonazis, die eine einschlägige Vorgeschichte meist in der NPD haben.

Daneben, in diversen Regionalgruppen, tummeln sich schlagende Burschenschaftler, ehemalige NPD Funktionäre und immer wieder VertreterInnen der Junge Alternative. Mit Figuren wie Hackmann hat die “IBB” ausgerechnet einen der gewalttätigsten Neonazis als Gründer in ihren Reihen. Auch wenn dieser nicht bei Aktionen mitwirkt, so wirkt sein Einfluss und seine Szene-Kenntnis selbstverständlich auf das organisatorische Innenverhältnis der “IBB”. Mit Hackmann und Konsorten im Hintergrund kann also nicht von einer Organisation gesprochen werden, die Gewalt als Mittel für ihre Ziele ablehnt. Dieses Bremer Umfeld von einschlägigen Neonazis im Umfeld und in der Organisationsstruktur der “IBB”, vertritt seit Jahren deutlich nationalsozialistische Ideologien mit all ihren antisemitischen, geschichtsrevisionistischen und demokratiefeindlichen Positionen. Weshalb auch nicht von einer verfassungskonformen Organisation gesprochen werden kann, wie die “IB” im Zuge ihrer Überwachungen durch den Verfassungsschutz behauptete. –

Aus einem militanten NPD Umfeld ist lediglich das Label “IB Freundeskreis Bremen” geschaffen worden, um Anschlussfähigkeit in bürgerlichen Kreisen zu erreichen. – Seit 2017 verknüpft sich dieser ehemalige Kreis von NPD Kadern mit dem Kreis der Junge Alternative Bremen.  Beide Kreise versuchen seitdem ihre Kooperationen zu verschleiern, um die Öffentlichkeit über die Enge und Bedeutung dieser politischen Vernetzung zu täuschen.

Was unterscheidet die “IB Bremen” von anderen “IB” Regionalgruppen?

Wahlkampf mit Identitären. Magnitz (links) Mergard (rechts) Teske (rechts) und Schick links neben Magnitz) umgeben mit weiteren AfD und IB AkteurInnen mit Hetzpropaganda auf dem Markplatz in Bremen, anlässlich des Besuchs der Bundeskanzlerin am 15.08.2017

In Bremen hat die “IB” erst Ende 2016 damit begonnen ihre Ziele umzusetzen und versucht Strukturen aufzubauen. Zuvor erlangte sie nie den nötigen Background, um beispielsweise mit Burschenschaftern, Neonazis und AfD-AkteurInnen gemeinsam auf die Straße zu gehen. Extrem rechte und schlagende Burschenschaften sind in Bremen und Umland nicht ansässig und die überschaubare etablierte militante Neonazi-Szene in Bremen, hadert mit Formen, die zwar völkisch-nationalistisch sind, aber vorgeben normal bürgerlich oder “hip” zu sein. Bedeutet, die in Bremen etablierte Neonazi-Szene gehört überwiegend dem Hooligan-Milieu an, mit eigenen Strukturen, Szenecodes und eigener Themensetzung. Bis auf die Gemeinsamkeit und Schnittmengen zur NPD, verbindet die Hooligan-Szene wenig mit der “IB”.

Daran konnte auch “IB Bremen” Mitbegründer Andreas Hackmann und Gerald Schibblock wenig ändern, die in verschiedenen rechtsextremen Strömungen seit Jahren zuhause sind. So mangelt es der lokalen JA an Rekrutierungskraft aus der “IB” Stuktur, um an ausreichend Klientel zu gelangen und eine stabile Organisation im Bremer Raum zu etablieren. So war die “IB Bremen” für einige Aktionen auf Unterstützung aus Niedersachsen angewiesen, wie online gepostete Lichtbilder der “IB Bremen” deutlich machten.

Die mangelnde Zugkraft der “IB Bremen”, schloss bislang aber nicht aus, dass die JA und “IB Bremen” bereit ist Kooperationen einzugehen, um die bis Ende 2017 immer häufiger werdenden hit & run Aktionen auf Bremens Straßen durchführen zu können. Auch unterstützen “Identitäre”, die nicht parallel in der AfD organisiert sind, wiederum den Wahlkampf der AfD in Bremen. Eine Trennung, die von der AfD mit einer “Unvereinbarkeitserklärung” vorgegaukelt wird, zwischen diesen beiden Gruppierungen, behaupten nur noch die beiden Gruppierungen selbst. Der Verfassungsschutz in Bremen sah 2017 zwischen beiden Gruppierungen “fließende Übergänge“, sah aber erstaunlicherweise kein Grund die JA schon zu diesem Zeitpunkt unter Beobachtung zu stellen. Erst mit Verschwinden des rechtsoffenen Präsidenten des Bundesverfassunhsschutzes Maaßen, folgte der Bremer VS den gesetzlichen Vorgaben, die diese Behörde zu einer Überwachung verpflichten. Diesen Misstand nutze auch die Bremer AfD und ihre Jugendorganisation bis dahin für sich vollständig aus. Ohne unsere Recherchen wäre das Treiben der AfD im Kontext zur “IB” völlig verborgen geblieben. Der Fall dokumentiert erneut, dass die Öffentlichkeit sich nicht auf die vermeintliche “Frühwarnfunktion” des Verfassungsschutz verlassen kann.  – 

Die Leichtigkeit mit der die “IB” in Hamburg oder Berlin, die JA und Burschenschaften unterwanderte, ist gemäß der in Bremen vorhandenen Strukturen für die AkteurInnen der Jungen Alternative ungleich schwieriger. Dass sie darauf dennoch ausgerichtet ist, zeigt bspw. die “IB” Propaganda des Bremer JA Vorsitzenden Robert Teske.

Die Bremer Junge Alternative unmittelbarer Teil der Identitären?

Teske leugnet öffentlich seine unmittelbare Unterstützung der “IB” – Diese Aufnahme vom Januar 2016 in Bremen verdeutlicht das Teske bereits vor der Gründung der JA Bremen die “IB” Unterstützt hat

Auch wenn die JA in Bremen aufgrund ihrer erst Ende 2017 erfolgten Gründung nicht klassischer Weise direkt mit der “IB Bremen” verknüpft zu sein scheint, ist die generelle Verbundenheit der Bremer JA zu der vom Verfassungsschutz beobachteten international agierenden “Bewegung” dennoch nicht weniger von Brisanz. Ihre Kontakte zur “IB” reichen in verschiedene Bundesländer und darüber hinaus. Durch die enge Bindung von Sellner zum Höcke-Flügel und der engen Bindung der Bremer JA zu beiden, besteht auch für die JA Bremen die Möglichkeit zum direkten Austausch zwischen den Führungsstäben. So wird das Ziel der “IB Deutschland” bis in kleinere Regionen durchzuwirken, mit Hilfe der AfD Jugendorganisationen, in den verschiedenen Bundesländern oftmals erst möglich. Die JA mit ihrern Doppelfunktionen als Akteure der AfD Landesverbände, muss dabei als parlamentarischer und die “IB” als außerparlamentarischer Arm der selbsternannten “Neuen” Rechten verstanden werden. Oftmals lässt sich dabei, wie in Bremen, Personalunion feststellen.

Dies belegt auch der unmittelbare Kontakt und enge Austausch mit Lars Steinke (AfD Niedersachsen) oder jener zur Tochter des Bremer AfD Landesvorsitzenden Frank Magnitz, Ann-Katrin Magnitz. Ebenso die entlarvende Kontaktliste von Robert Teske. Die sich wie das Who is who der Hardliner des extrem rechten Flügels der AfD liest. Sie alle unterstützen ebenso einen Erfolg der “IB”. Ebenso auch die sogenannte “Patriotische Plattform”, der auch der ehemalige AfD Bürgerschaftsabgeordnete Alexander Tassis angehört. Diese Verbindungen zur “IB” sind typisch für fast alle Landesgruppen und werden in weiten Teilen auch von der AfD Mal offen, Mal versteckt unterstützt. Wie Thorsten Weiß, zuletzt Chef der JA Berlin, im Januar 2017 selbst einräumte. Eben jene Berliner JA Landesgruppe, in der Robert Teske, bis April 2019 Landesvorsitzender und Gründer der JA Bremen, 2015 politisch aktiv wurde.

Rechts im Bild – Robert Teske, Marvin Mergard und Jonas Schick zusammen mit Daniel Fiß am Berliner Bahnhof nach ihrem gemeinsamen Aufmarsch auf der “IB” Demonstration am 17.06.2017.

Ohne regionale Relevanz?

Nach anfänglicher Leugnung überhaupt irgendetwas mit der “IB” gemein zu haben, gab die Jugendorganisation der Bremer AfD ihre Scharade auf. Unter anderem durch die Konfrontation mit unseren Recherchen war es ihr unmöglich geworden, ihre enge Verzahnung mit der extrem rechten Szene zu verschleiern. Sie nahm daher im Anschluss demonstrativ an den Aufmärschen der “IB” teil oder trat gemeinsam mit “Identitären” öffentlich auf. Hierzu unser Hintergrundbericht. Externe Recherchen dokumentieren die enge Zusammenarbeit zwischen der AfD, JA und “IB” in Bremen. Unsere Recherchen belegen zudem, das einer der Führungsfiguren der Bremer “IB”, Jonas Schick, Anfang 2018 gemeinsam mit Robert Teske, als Büroleiter im Wahlkreisbüro des Bremer AfD Bundestagsabgeordneten, Frank Magnitz, arbeitete. Nachdem der Social-Media.Konzern Facebook bundesweit die Accounts der “IB” abschaltete, ist es mangels medialer Selbstdarstellung auch in Bremen still um die “IB” geworden. Während in Bremen die “IB” scheiterte, versuchte Jonas Schick neben seiner Tätigkeit als Büroleiter des AfD-Bundestagsabgeordneten Magnitz, sich zeitweise in Niedersachsen mit “IB”-Aktionen nach immer gleichen Muster. Auch diese mit Bremen verbundene Szene kam zum erliegen. Im Gegensatz zur Hochphase der “IB” im Jahr 2017, kann weder die “IB Bremen”, noch “IB Niedersachsen” seit Mitte 2018 an ihre Erfolge um Aufmerksamkeit in den Medien anschließen. Der extrem rechte Hype “hipper” NeofaschistInnen, ist folglich in dieser Region am Ende. Seit dem 30.09.2019 ist die JA Bremen nicht mehr in den sozialen Medien aktiv. Ihr Rückzug aus Bremen ist damit offiziell.

Ihre bundesweiten Aktivitäten im Nachgang zur gescheiterten “IB” in der Region, sind dennoch weiterhin zu beobachten. Wie die politische Entwicklung von Robert Teske und Jonas Schick, als Akteure der extrem Rechten im Umfeld der AfD seit 2020 zeigen. Zuletzt arbeitete Teske direkt im Büro von Rechtsextremist Björn Höcke.

Redaktion
AfD Watch Bremen