Landesparteitag der AfD Bremen im Mai 2021

Der Landesparteitag der AfD im Mai 2021 platzte. Die Einladungen der Mitglieder zur Wahl eines neuen Landeschefs waren unzureichend. Die parteiinternen Querelen im Landesverband spitzen sich derart zu, dass der Landesverband faktisch handlungsunfähig ist. Bildquelle: Recherche Nord

Laut Medienberichten stellte der Bremer Landesverband am 26.06.2021 seine Kandidaten zur Bundestagswahl 2021 auf. So soll der Bürgerschaftsabgeordnete Thomas Jürgewitz (AfD Bremerhaven) und der Beisitzer im Landesvorstand Heiner Löhmann (AfD Diepholz), als Direktkandidaten aufgestellt worden sein. Neben diesen beiden auf Listenplatz 1, Olaf Kappelt aus dem Landkreis Cuxhaven.

Am 30.07.2021 entschied die Bremer Wahlausschuss, dass die von der AfD eingereichten KandidatInnen-Liste zur Bundestagswahl nicht zugelassen werden kannDie AfD legte Beschwerde beim Bundeswahlausschuss ein. Dieser revidierte am 05.08.2021 den Beschluss der Bremer Kommission. Die Kandidatenliste der AfD zur Bundestagswahl sei zulässig.

Aus vorläufiger Bewertung heraus, sind die am 26.06.2021 aufgestellten Direktkandidaten Thomas Jürgewitz, Heiner Löhmann und Spitzenkandidat Olaf Kappelt vergleichsweise chancenlos. Frank Magnitz, der seit 2017 für die Bremer AfD im Bundestag sitzt, wollte laut eigenen Angaben gegenüber dem Sendeformat Buten un Binnen nicht wieder antreten. Zur letzten Bundestagswahl hatte lediglich Frank Magnitz durch Überhangmandat sehr knapp einen Sitz im Bundestag für die Bremer AfD beanspruchen können.

Vorausgegangen sein soll, laut einiger Mitglieder der Partei, eine Manipulation der Abstimmungen zur Wahlaufstellung innerhalb der Partei, mit der Magnitz sich seine Spitzenkandidatur damals gesichert habe. Seit dem reißen die Grabenkämpfe innerhalb des Landesverbandes nicht ab. – 2017 lief es an der Wahlurne noch vergleichsweise gut für die AfD. 10 Prozent holte der Bremer Landesverband. 2021 sinken die Zustimmungswerte im Westen der Republik rapide. Darüber hinaus sind die Fronten im parteiinternen Kampf “Alle gegen Alle” in der Bremer AfD, unabänderlich verhärtet. Ab Herbst 2021 wird Magnitz als Vertreter des “Flügels” innerhalb der AfD, folglich nur noch sein Mandat in der Bremer Bürgerschaft wahrnehmen können. Die Fraktion in der Bürgerschaft war bereits 2019 kurz nach der Bürgerschaftswahl zerbrochen und nur noch Magnitz, Uwe Felgenträger und Thomas Jürgewitz vertreten seit Juni 2021 die Partei. Alle drei stehen dem “Flügel” um Rechtsaußen Björn Höcke nahe.

Die Bremer AfD wird zur kommenden Legislaturperiode im Bundestag, auch dank ihrer schwachen Kandidaten, vor allem aber aufgrund zunehmender Bedeutungslosigkeit, voraussichtlich nicht mehr vertreten sein. Die stetige Erosion bei gleichzeitiger Radikalisierung der zunächst seit 2013 anhaltenden Erfolgslinie der AfD, lässt sich besonders im Nordwesten beobachten.

Parteiinterne Querelen verhindern zunächst Bundestagskandidatur

Dass nun ausgerechnet die Bremer Wahlkommission bei ihrer Entscheidungsprüfung, welche Parteien und KandidatInnen-Listen zugelassen werden können, feststellen musste, dass der Bremer Landesverband die formalen Hürden nicht erreicht, kam inmitten des Bundestagswahlkampfs für den Bremer Landesverband zunächst einem Genickbruch gleich. Entsprechend kündigte die AfD Beschwerde und ggf. Klage vor dem BVerfG an. Am 26.06.2021 sollte die Kandidaten-Aufstellung auf ihrer Aufstellungsversammlung erfolgen. Ein zuvor angesetzte Parteitag am 22.05.2021 war aufgrund von Formfehlern geplatzt. Hier sollte ein neuer Landeschef gewählt werden, als Ersatz für den aus der Partei ausgetretenen ehemaligen Landeschef Peter Beck. Bei den Einladungen der Mitglieder zur Versammlung soll es gravierende Fehler gegeben haben. So bleibt der Chef-Posten des desolaten Landesverbandes auch bis auf weiteres unbesetzt. Eine Landespartei, die in den Bundestagwahlkampf ziehen will, aber keinen Landesvorsitzenden hat, ist eine weitere Kuriosität der Bremer AfD. Die erfolgte Aufstellungsversammlung für die Kandidaten-Liste zur Bundestagswahl am 26.06.2021 erwies sich in der Rückschau zudem als mangelhaft.

Die gewählte Schriftführerin der Versammlung, Silke Jünemann, verweigerte unter dem Protokoll ihre Unterschrift. Eine daraufhin vom Wahlausschuss nach den Regeln der Bundeswahlordnung erforderliche Eidesstattliche Erklärung von Jünemann, dass die Aufstellung der Kandidaten seine Richtigkeit habe, wollte die Schriftführerin nicht erbringen. In der Sitzung der Wahlprüfungskommission am 30.07.2021 erklärte der stellv. Landesvorsitzende der AfD, Sergej Minich, die Schriftführerin hätte aus “privaten Motiven heraus die Unterschrift verweigert”. Diese habe eine “intime Beziehung zum Kandidaten Michael Krieger”, der nicht gewählt wurde. Da ihr das “Abstimmungsergebnis nicht gefallen” habe, so Minich, habe sie die Unterschrift verweigert. Ob tatsächlich persönliche Gründe zur Verweigerung der Unterschrift geführt habe, lässt sich von außen nicht beurteilen. Fakt ist, die Schriftführerin hat das Recht zur Verweigerung, wenn diese zu der Auffassung gelangt, die Wahl zur Aufstellungsversammlung war nicht ordnungsgemäß, im Sinne der Richtlinien des Bundeswahlgesetzes. 

Nach Beschluss der Bremer Wahlkommission die Landesliste der AfD nicht zuzulassen, legte die AfD Beschwerde ein und kündigte an, bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen zu wollen, um eine Zulassung zu erzwingen. Am 05.08.2021 trat der Bundeswahlausschuss zusammen, um über die Beschwerde der Bremer AfD zu beraten. Der Ausschuss kam mit einer Stimme Enthaltung zur Entscheidung, dass der Bremer AfD die Zulassung zur Bundestagswahl nicht versagt werden kann und revidierte damit die Entscheidung der Bremer Wahlkommission, die am 30.07.2021 einstimmig zur gegenteiligen Auffassung gelangt war. Das Portal wahlrecht.de erklärte via Twitter: “Der Bundeswahlausschuss ist mehrheitlich der Meinung, dass das Bundeswahlgesetz eine Lücke enthält, weil es kein Verfahren vorsieht, wie eine unberechtigte Verweigerung einer eidesstattlichen Versicherung geheilt werden kann. Diese Lücke dürfe hier nicht der AfD zu Lasten gehen“. Warum diese Gesetzeslücke nicht schon längst geschlossen wurde, bleibt offen. 

Trotz der Zulassung zur Bundestagswahl 2021, sind parteiintern weitere Mängel anhängig.

Mehrere Mitglieder des Landesverbandes zeigen an, dass sie “keine Einladung zur Aufstellungversammlung erhalten haben“: Das AfD-Mitglied Michael Krieger zeigt an, dass er “als nicht-stimmberechtigtes Mitglied an der Aufstellungsversammlung teilgenommen” und unberechtigt abgestimmt habe. Diese allein soll laut eines Teils der Mitglieder schon ausreichen die Kandidaten nicht zuzulassen, da bei lediglich 32 anwesenden Mitgliedern, eine Stimme unterschied bereits das Wahlergebnis erheblich verändern könne, Des Weiteren zeigt das AfD-Akteur Wolfgang Rabe an, der Spitzenkandidat Olaf Kappelt sei den “anwesenden wahlberechtigten Mitgliedern vollkommen unbekannt” gewesen und habe bei seiner Bewerbung unterschlagen, dass gegen ihn im Landesverband Brandenburg (KV Oberspreewald-Lausitz) bereits seit Juli 2019 einem Parteiausschlussverfahren anhängig sei. Auch diese bei einigen AfD-Mitgliedern als Täuschungsversuch verstandene Unterschlagung von gewichtigen Tatsachen, hätte bei rechtzeitiger Bekanntgabe das Ergebnis der Wahl verändern können. Unterm Strich hat der Bremer Landesverband also mehr als ein Problem mit fehlenden Unterschriften. Innerhalb der Partei will eine Fraktion den Spitzenkandidaten Olaf Kappelt nicht im Bundestag sehen.

Bremer AfD ohne Bundestagsmandat

Die Bremer AfD erreicht zur Bundestagswahl 2023 nicht genügend Wahlstimmen. Die anhaltenden Streitigkeiten der AfD in den Bremer Verbänden überlagerten die Versuche der Bremer AfD-Kandidaten auf ihre Themen aufmerksam zu machen. In zahlreichen Interviews gelang es den Kandidaten nicht ihre Agenda zu transportieren. Die WählerInnen entschieden sich an der Wahlurne nicht für eine Landes-Partei, deren Kandidaten unbekannt sind und zerstrittenen AfD-Verbänden angehören. Somit ist Bremen bislang das einzige Bundesland ohne einen AfD-Abgeordneten im Bundestag.Zuletzt (2019 bis 2023) vertrat der AfD-Akteur Frank Magnitz die Bremer AfD im Bundestag.

Redaktion
AfD Watch Bremen