Erneut verbreitete am vergangenen Samstag die antisemitische Kampagne “Querdenken 421”, Fakenews auf dem Bremer Bahnhofsvorplatz. Wie in anderen Bundesländern, werden AntifaschistInnen und kritische Presse zunehmend zum Ziel von Angriffen.
Antifaschistischer Gegenprotest und kritische Berichterstattung, die Verbindung von “Querdenken” ins extrem rechte Milieu dokumentieren, stört offensichtlich die Agenda der angeblich auserwählten “Wahrheits”-PredigerInnen. Woraufhin bundesweit von AkteurInnen der “Querdenken”-Kampagne gegen AntifaschistInnen und kritischer Presse agitiert wird. So auch in Bremen. Nach feindseligen Reden gegen Presse und Gegenprotest, fühlten sich vergangenen Samstag Fans der wöchentlichen Veranstaltung berufen, das Recht in die eigene Hand zu nehmen. Drohungen, Beleidigungen, Eingriffe in das Presserecht sind die Folgen. Zwischenzeitlich wurden aus dem Publikum heraus, immer wieder Parolen gerufen, die auch bei Pegida- und AfD-Veranstaltungen normalisiert sind.
Feindbilder, Fakenews und Eingriff in das Presserecht
Nachdem bundesweit kritische Presse die Verbindungen von “Querdenken” ins extrem rechte und antisemitische Milieu offen legten, ist bei den OrganisatorInnen eine neue Taktik erkennbar. Fans auf Social-Media-Kanälen werden aufgefordert, keine Symbole und Fahnen mehr auf die Kundgebungen mitzubringen. Um den fotografischen Nachweis zu antisemitischen und extrem rechten Attitüden oder Netzwerken zu erschweren. Zu oft tauchten die Fans mit Reichsflaggen, “Qanon”-Logos oder Symbolen antisemitischer Schwurbel-Kanäle und ähnlichem auf. Inzwischen haben die meisten BürgerInnen auch trotz des Versteckspiels von “Querdenken” verstanden, dass sie es nicht mit einer kritischen Bewegung zutun haben. Sondern mit rechtsoffenen Kreisen, die kein Interesse an einem Diskurs haben.
Berichten nur im Sinne und mit Erlaubnis von “Querdenken”
Wie schon vor Wochen in Berlin, auf der Großdemo der sogenannten Corona-LeugnerInnen, wird entgegen der Rechtslage auch in Bremen behauptet, dass sich Presse-VertreterInnen bei ihnen zu akkreditieren hätten und ihnen Presseausweise vorzulegen. Fakt ist, der Presseausweis ist zur Legitimation gegenüber Behörden gedacht und soll die Arbeit der Presse, mit Unterstützung der Behörden, erleichtern. VeranstalterInnen haben keine Rechtsgrundlage, die Pressefreiheit auszuhebeln. Durchsuchung und Beschlagnahme des Foto- und Videomaterials von PressevertreterInnen, unterliegt dem RichterInnen-Vorbehalt. Das sind verbriefte Rechte, die “Querdenken” nicht interessieren. Zudem wird mit der Behauptung, es handele sich nicht um legitime Presse-VertreterInnen, wenn sie sich nicht “Querdenken” fügten, lokal Stimmung gegen kritische Berichterstattung gemacht. Der Begriff “Lügenpresse” ist auf “Querdenken”-Veranstaltungen vollkommen normalisiert. Gleichzeitig stilisieren sie sich als “Opfer” einer vermeintlich “unfreien” Presse. Ziehen geschichtsrevisionistische Vergleiche mit der DDR- oder dem NS-Regime heran. Absurd, da sie mit ihren Eingriffen in die Pressefreiheit genau dem autoritären, antidemokratischen Diskurs restaurieren, dem sie angeblich “demokratisch” gegenüber stünden. Auch dieses Phänomen war und ist üblich auf Pegida- und AfD-Veranstaltungen.
Neu ist auch, reflexartig zu behaupten, Aufnahmen von kritischen Presse-VertreterInnen wären “Portrait-Aufnahmen” und damit per se illegal. Seltsam ist zum einen, dass sie ohne das Bildmaterial gesehen zu haben, wüssten das es Portrait-Aufnahmen sind. Aufnahme und Veröffentlichung sind zwei verschiedene juristische Fragen. Aufnehmen dürfen PressevertreterInnen auf Versammlungen was sie wollen. Zum anderen, hat ihnen wohl noch niemand § 23 des Kunsturheber-Gesetzes erklärt. Wer an einer öffentlichen Versammlung teilnimmt, muss sich Gefallen lassen, von JournalistInnen gefilmt und fotografiert zu werden. Eine Herausgabe der Bilder kann nicht verlangt werden. Auch nicht nach der DSVGO. “Querdenken” hat die Behauptung, es würden Portrait-Aufnahmen gemacht, dennoch als neues Mittel entdeckt, die Polizei zu ihrem Erfüllungsgehilfen zu machen. Dass die Polizei gar nicht dazu befugt ist, zivilrechtliche Unterlassungsansprüche auf einer Kundgebung durchzusetzen, zumal ohne richterlichen Beschluss auf Einsicht in das geschützte Bildmaterial, interessiert bei dem Getöse kaum noch.
Die Taktik, so Presse an ihrer Arbeit zu hindern und zu kriminalisieren, funktioniert. Lehren ziehen Behörden daraus immer noch zu selten. Oft muss auch hier festgestellt werden, dass BeamtInnen unzureichend im Bereich Presserecht ausgebildet sind.
Zunehmend für RechtsextremistInnen interessant
Im Publikum waren erneut bekannte RechtsextremistInnen zu beobachten, die schon in den vergangen Monaten immer wieder vor der Bühne anzutreffen waren. Hinzugekommen auch ein neonazistisches Umfeld, das zuletzt mit der inzwischen verstorbenen Nazigröße Markus Privenau auf Demos unterwegs war. Darunter auch wieder Akteure von “Die Rechte Bremen”. Akteure, die seit Monaten auf “Querdenken” Kundgebungen zu beobachten sind. Ebenso erneut “Qanon”-SympathisantInnen, Reichsbürger, antisemitische EsoterikerInnen, schwurbelnde ImpfgegnerInnen und ähnliche AkteurInnen. Sie glauben die bürgerliche Mitte zu repräsentieren. Die Beteiligung von RechtsextremistInnen muss niemanden überraschen. Der Pressesprecher von “Querdenken 711”, Stephan Bergmann, warnte vor “Vermischung der Rassen” sowie vor einer “Züchtung hellbrauner Rassen“. In diversen Posts spricht Bergmann davon, dass “deutsche Volk” würde durch den “Import von Stammeskriegern aus Afrika“ und „Massen von Muslimen“ systematisch ausgelöscht. Eine tiefbraune Ideologie, die RassistInnen, RechtsextremistInnen und Neonazis auf den Plan rufen soll, “Querdenken” zu unterstützen.
Dass kritische Presse diese Tatsachen und die verlogene Agenda demaskiert, besonders die vom vermeintlichen “Frieden”, “Liebe”, “Freiheit”, “Grundrechte”, “Kinder” und ähnlich billigen Versuchen an die Emotionen und gefühlten “Wahrheiten” zu adressieren, erklärt die zunehmende Aggression gegen freie Presse-VertreterInnen. So kommt es bundesweit zu massiven Bedrohungen, Beleidigungen und Behinderung der Arbeit. Auch in Bremen werden Presse-VertreterInnen physisch angegangen. Die Aggression der Fans, wird gezielt von “Querdenken” angefacht. In ihren Chats wird unter anderem versucht Mitglieder dazu zu bewegen, die Namen und Adressen von Presse-VertreterInnen herauszufinden. Kommentiert wird das oft genug mit Drohgebärden. Problematisch zudem, dass Behörden vor Ort kaum Interesse zeigen, das Presserecht konsequent durchzusetzen.
“Querdenken” ist ein Aufruf, verantwortungslos und kleingeistig bleiben zu dürfen
Zudem wurde trotz der Dringlichkeit in einem Hochrisikogebiet der Corona-Pandemie, erneut die Maskenpflicht auf der Kundgebung gezielt umgangen. Neu ist auch, das Teile des Publikums, sowie OrganisatorInnen und OrdnerInnen von “Querdenken 421”, zerschnittene Masken tragen. Trotz Offensichtlichkeit zerschnittener Masken, duldeten Behörden diese Umgehung der Verordnung für öffentliche Plätze, wie dem Bahnhofsvorplatz. Auf diversen Videos ist dokumentiert, wie sich Fans von “Querdenken” mit zerschnittener Maske im Sichtbereich von BeamtInnen bewegten, ohne dass diese die Ordnungswidrigkeiten verfolgten. Auch wird oftmals behauptet, sie hätten ein “Ärztliches Attest”. In anderen Städten konnte die Polizei oftmals feststellen, dass es sich bei den “Attesten” um Fälschungen handelt. Erstaunlich ist, wie oft “Querdenken”-Fans mit dieser Aussage, ohne eine Beweis erbringen zu müssen, damit auf solchen Veranstaltungen, ungehindert von BeamtInnen, zum potentiellen gesundheitlichen Risiko für Dritte werden dürfen.
Immer weiter in die Arme der AfD
Insgesamt ist “Querdenken” eine absurde Zurschaustellung einer Mischszene, die schon lange ihr Kernthema verloren hat. Und mangels breiter Zustimmung in der Bevölkerung, auch nur noch die Fundamental-Opposition sowie Opferrolle spielen kann. Diese Vorgehensweise hat ihnen jahrelang die AfD, u.a. mit ihrer Strategie der Aufmerksamkeits-Ökonomie, vorgelebt. Das Konzept, so bürgerliche Medien zu blenden und kritische Medien zu kriminalisieren, funktioniert auch für solche außerparlamentarischen Organisationen. Der völkische Flügel der AfD, hat hinter den Kulissen schon lange “Querdenken” zu seiner Sache gemacht. Einer der Stichwortgeber von “Querdenken”, Bodo Schiffmann, bekannte sich erst kürzlich in Frankfurt zur AfD, mit den Worten: “Nur die AfD kämpfe hier noch für die Demokratie“. Zufall ist das nicht, sondern Strategie. Galionsfigur der AfD, Björn Höcke, erklärte im August, das es “keine Pandemie mehr” gäbe und auch nicht wieder käme. – Nun, so geht Adressieren an die Querfront der CoronaleugnerInnen für die nächste Bundestagswahl.
Redaktion
AfD Watch Bremen
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