Bremer AfD Vorstandsmitglied und Journalist, Hinrich Lührssen, bot am gestrigen Abend in der ZDF Talkshow Markus Lanz ein befremdliches Bild seines Verständnisses von Demokratie und Konservativismus
Markus Lanz, ein TV-Journalist und sein gleichnamiges Talkshow-Format im ZDF, lud sich gestern neben weiteren Gästen den Journalisten Olaf Sundermeyer und das neue Bremer AfD Vorstandsmitglied Hinrich Lührssen. Nach anfänglichem Geplänkel wurde Sundermeyer zu seinen Erlebnissen der letzten Tage vor Ort in Chemnitz befragt. Durch die im Studio gezeigten Aufnahmen von den Aufmärschen wurde noch einmal objektiv deutlich gemacht, dass die AfD in Chemnitz den Schulterschluss mit Neonazis suchte. Sundermeyer gab sich als Szene-Kenner Mühe, zu erklären, dass der Schulterschluss der AfD mit Pegida und gewalttätigen Neonazis kein Zufall, sondern Programm ist. Mit den Eindrücken aus Chemnitz konfrontiert, wurde Lührssen auf seine überraschende Mitgliedschaft im Landesvorstand der Bremer AfD angesprochen und dazu befragt, wie das für ihn zusammen gehen würde.
Nichts sehen
Wer nun erwartet hat, Lührssen würde mit schlagfertigen Antworten reagieren, wie sein Ruf hätte vermuten lassen oder seine Person hätte irgendetwas konstruktives zur Sache beizutragen, wurde nicht nur enttäuscht, sondern musste sich nach wenigen Minuten fragen, ob Lührssen noch bei Verstand ist. So wurde seitens des Journalisten Sundermeyer unmissverständlich deutlich gemacht, dass in Chemnitz Neonazis an der Seite von hochrangigen AfD Funktionären mitmarschierten. Im Laufe der letzten Woche waren genug Bilder um die Welt gegangen die belegten, dass der verbotene Hitlerguß mehrfach gezeigt wurde, dass es zu gewalttätigen Szenen kam und Hooligans Feiergesänge auf Adolf Hitler skandierten. Dass MigrantInnen gejagt wurden, JournalistInnen angegriffen und der völkische Ausnahmezustand geprobt wurde. Die AfD hatte sich inmitten dieser zeitweise national-befreiten Zone, ein paar Tage danach, als bürgerliches Schutzschild militanter Rechtsextremisten in Chemnitz positioniert, nicht als Verteidigerin der Demokratie. Lührssen kennt diese Bilder der letzten Tage. Aber anstatt sich deutlich von diesen demokratiefeindlichen Auswüchsen zu distanzieren, viel Lührssen nichts besseres ein als zu betonen:
“Wenn ich Zeit gehabt hätte, wäre ich wahrscheinlich schon da mitgelaufen“.
Wer zur später Stunde noch ein Kaffeebecher in der Hand hatte, dem ist er just in dem Moment aus der Hand gefallen. Lührssen beließ es an dem Abend nicht bei jener Aussage die deutlich werden ließ, dass er die mediale Gehirnwäsche der AfD vollkommen durchlaufen hat, wenn er nicht sogar schon lange vorher voller kruder Überzeugung war. Medienprofi Lührssen drückte sich im Studio-Sessel herum und antwortete auf die durchaus berechtigten Fragen von Lanz mit starren Satzbausteinen, wie frisch von irgendeinem Anti-Merkel oder Anti-Flüchtling Tweet der AfD abgelesen. Lanz Bemerkung, Lührssen “beleidige doch seine eigene Intelligenz mit solchen Phrasen”, wurde mit weiteren kruden Vergleichen und Allgemeinplätzen zurückgewiesen. Auf die Frage, was macht die AfD konkret gegen Missstände, antworte Lührssen bspw. zum Thema ‘Steigende Mietpreise’: “Es “hängt damit zusammen, dass wenn über eine Millionen Flüchtlinge untergebracht werden müssen, der Wohnraum reduziert wird”. Mit anderen Worten, Geflüchtete sind an allem Schuld! –
Nichts hören
Journalist Sundermeyer versuchte noch einmal aufzuzeigen, dass ein enttäuschter Demokrat, wie es Lührssen zu sein scheint, wissen muss, mit wem und was er es in der AfD zutun hat. So verwies Sundermeyer auf das planmäßige Vorgehen der AfD, die fern demokratischer Prinzipien steht. Lanz verwies auf die einzelnen rechtsextremen Gruppierungen, die mit der AfD in Chemnitz liefen. Nichts kam bei Lührssen an. Spätestens ab diesem Zeitpunkt verlor sich die kleine Debatte mit Lührssen und drehte sich im Kreis. Obwohl Lührssen auf Bildmaterial gesehen hatte, dass militante Neonazis mit der AfD marschierten, obwohl er Augenzeugenberichte von einem Experten gehört hatte, wies er diese Tatsachen weit von sich und behauptete einfach das Gegenteil. Die AfD würde niemals mit Nazis marschieren. – Lührssen war für diesen Abend die Verkörperung der AfD in Person. Fakten interessieren nicht, solange es ein Gefühl dazu gibt und Tatsachen werden ausgeblendet, sobald sie nicht in das geschlossene Weltbild passen. Einen erfahrenen Journalisten wie Lührssen dabei zuzuhören, wie dieser sich um Kopf und Kragen redet und das Ganze als “konservative” Weltanschauung verstanden wissen will, war grotesk.
Nichtsdestotrotz ist das die Wahrnehmung vieler BürgerInnen, die es sich darin bequem gemacht haben zuerst die Mauer in ihrem Kopf zu rechtfertigen, dann Mauern gegen Menschen und schlussendlich Mauern gegen zivilisatorische Grundsätze. Dass Menschen wie Lührssen offensichtlich nicht erkennen wo Konservativismus endet und Rechtsextremismus beginnt, ist aber nicht entschuldbares Unvermögen, sondern schlicht Ausdruck selbstverschuldeter Ignoranz. – Dagegen hilft auch kein noch so sachliches Gespräch!
Redaktion
AfD Watch Bremen
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