(Bildmitte) Beatrix von Storch, Mertcan Karakaya, Olaf Kappelt und Thomas Jürgewitz vor dem Bremer Klimacamp am Rathaus.

AkteurInnen und Mitglieder der Bremer AfD sind haltlos zerstritten. Der Landesverband ohne Parteichef. Ihr Spitzenkandidat im Bundestagswahlkampf findet kaum Unterstützung. Die Direktkandidaten chancenlos. Der Zustand der Bremer AfD könnte kaum schlechter sein. Beatrix von Storch, stellvertretende Bundessprecherin der AfD, sollte es nun richten und reiste am Montag zur Unterstützung des Wahlkampfs nach Bremen. Mit fragwürdigen Erfolg. 

Montag Mittag kam ohne offizielle Ankündigung Beatrix von Storch nach Bremen. An der berühmten Bremer Böttcher-Straße steigt sie mit Begleitschutz aus dem Fahrzeug und geht auf die wartende Presse zu. Ungeduldig im Regen auch die Bundestags-Kandidaten der Bremer AfD. Ein kurze Begrüßung, dann richtet Von Storch ihr Interesse auf das Mikrofon von Radio Bremen. AfD-Spitzenkandidat Olaf Kappelt und Direktkandidat Thomas Jürgewitz, begleitet durch Vorstandsmitglied Mertcan Karakaya, bleiben im Hintergrund. Der Rest des Landesverbands, die Mitglieder, die WählerInnen oder auch Bremer Direktkandidat Heiner Löhmann, fehlen. Dass die AfD massiv zerstritten ist, wird hier unübersehbar. Angesprochen von Buten un Binnen auf die Zerstrittenheit des Bremer Landesverbandes, will Von Storch nicht mit der öden Realität konfrontiert werden. Ihr kurzes Statement vor laufender Kamera, auf die Frage zu den Zuständen im Landesverband, sorgt für Irritation. Ohne auf die Fragen des Journalisten einzugehen, schwenkt sie zusammenhangslos auf das Thema “Flüchtlinge aus Afghanistan“. Triggert in der typisch rassistischen Agitation, mit einem bei AfD-Fans beliebten Schreckensbild: “Es können jetzt nicht 38 Millionen Afghanen nach Deutschland kommen, weil die allgemeine Sicherheitslage so ist wie sie ist“. Auf die eigentliche Frage zum Zustand des Landesverbandes weicht sie erneut aus: “Ich weiß, dass Sie gerne über Parteiinterna diskutieren. Aber wir machen gerade Wahlkampf!“.  

Nicht über Parteiinterna diskutieren zu wollen, ist im Anbetracht des Zustands der Partei verständlich. Unbequeme Fragen wären inzwischen nach einer langen Liste abzuarbeiten. Wieso der Bremer Spitzenkandidat nicht aus Bremen kommt, zum Beispiel. Oder warum der Landesverband inmitten des Bundestagswahlkampfs keinen Parteichef hat. Weshalb beinah alle im Landesverband mit Parteiausschlussverfahren überzogen sind. Warum der Bremer Landesverband seinen Sitz nun in Niedersachsen hat. Wieso ausgerechnet Von Storch einen Landesverband unterstützen will, der es geschafft hat, gleich zwei Fraktionen innerhalb kürzester Zeit gegen die Wand zu fahren. Sowie Millionen an öffentlichen Subventionen für die Partei verloren hat. – Noch harmlose Fragen, die selbst AfD-WählerInnen interessieren dürften. Stattdessen versucht Von Storch es also mit dem ausgelutschten Thema “Flüchtlinge”, um von eigenen Unzulänglichkeiten der Partei ablenken.

Nicht willkommen

Nach Rauswurf aus dem Café gibt sich Von Storch als Opfer. “Es ist schwierig in Bremen noch Räume zu bekommen”, so Von Storch. Wieso die AfD nicht einfach ihre eigenen Räume in Bremen nutzt, dazu schweigt die Partei.

Auf die Frage, was die AfD hier heute vorhat, geht von Storch in die bekannte Operrolle. “Es ist schwierig in Bremen Räume zu bekommen, überall müssen wir uns einklagen“. Dass die AfD keine Räume bekommt, ist jedoch keine Bremer Besonderheit. Überall in der Bundesrepublik klagt die extrem rechte Partei, wenn sie unerwünscht ist. BetreiberInnen von entsprechenden Einrichtung wollen ihre Räume nicht durch eine Partei instrumentalisiert sehen, die Rassismus, Antisemitismus, Hass und Gewalt predigt. Der Image-Schaden wäre gewiss. Was sie und die Bremer AfD also stattdessen unternehmen wolle, wird Von Storch gefragt. “Wir gehen hier durch die Stadt, wollen einfach präsent sein. Insofern tun wir, was wir schaffen können“. Nebenher laufen weiterhin stillschweigend die Bremer Kandidaten Jürgewitz und Kappelt.

Der Bremer Spitzenkandidat Olaf Kappelt vermied bislang jedes Wahlkampf-Interview mit der Presse. Im Schatten der Bundestagsabgeordneten Beatrix von Storch lässt Kappelt erneut seine Chance verstreichen und übergibt ihr das Feld. – Dabei haben die beiden die größte Schnittmenge unter den anwesenden AfD-AkteurInnen. Von Storch steht in der AfD für Islamfeindlichkeit, aggressiven Antifeminismus und Hetze gegen Sexualaufklärung und Homosexualität. Kappelt gehört innerhalb der AfD demselben Lager an und unterstützt mit Von Storch u.a. die frauenverachtende Kampagne “Marsch für das Leben”. – Statt angekündigten Wahlkampf der Bremer Kandidaten, also lieber versteckt und kleinlaut hinter Beatrix von Storch durch den Regen watscheln. Die Bremer AfD-Kandidaten und Von Storch wollten eigentlich nach dem kurzen Interview mit Radio Bremen, eher ohne öffentliches Aufsehen, im abgelegeneren Café Büchlers Beste Bohne ihre Gespräche fortsetzen. Sogar von einer Pressekonferenz ist die Rede. Die Presse und die bundesweit bekannte Von Storch in diesem kleinen Etablissement, bleiben jedoch nicht unentdeckt. Ihre Anwesenheit lässt keine Begeisterung bei den Angestellten des Cafés aufkommen. Kaum hingesetzt, werden sie auch schon des Cafés verwiesen. RechtsextremistInnen im bürgerlichen Gewand also nicht willkommen. Sichtbar genervt, taumeln die AfD-PolitikerInnen durch die Böttcher-Straße auf den Marktplatz zu. Versuchten bei strömenden Regen ihr Treffen wie einen gelungenen PR-Auftritt aussehen zu lassen.

Doch “gelungen” wird später nur die Täuschung ihrer WählerInnen in den sozialen Medien sein. Dem AfD-Klientel wird kurz nachdem die Show zu Ende ist, ein erfolgreicher Wahlkampfauftritt vorgespielt, deren Substanzlosigkeit auf imaginierte Gefahren geschoben wird. Im Posting der Bremer AfD wird behauptet, es sei ein “Schöner Sommerspaziergang” gewesen, aber aus “Sicherheitsgründen war zeitlich leider nicht mehr drin“. Der Besuch Beatrix von Storch, soll jedoch “bereits ausgereicht haben, um die linkgrünen Extremisten an der Weser zum Kochen zu bringen“. – Das also die verdrehte Realität der AfD. Weder war die “Sicherheit” der Grund, noch hat irgendwer sonderlich auf die Anwesenheit der AfD reagiert. Wie aus Nichts erfolgreicher Social-Media Content wird, der zudem die WählerInnen schlichtweg belügt, davon versteht die AfD tatsächlich etwas.

Nichts zu sagen

Angeblich war die Sicherheitslage für die AfD derart angespannt, dass sie nicht lange bleiben konnten. Hier läuft Kappelt allein mit einem Personenschützer durch die Altstadt. Für eine extrem gefährliche Lage erstaunlich, wie entspannt doch der Spitzenkandidat in den Seitenstraßen ohne Gefahr spazieren gehen konnte.

Auf dem Marktplatz interessierte sich an diesem Mittag kaum jemand für das Auftreten der Bremer AfD. Nicht einmal für die bundesweit bekannte Beatrix von Storch. Auch der Versuch das am Rathaus gelegene Klimacamp junger UmweltaktivistInnen, durch abwertende Gesten und Kommentare etwas zu provozieren, brachte auch keinen Erfolg. So blieb es an diesem Mittag weiter beim künstlichen Lächeln für die Kamera und dem so tun, als ob irgendwo hier im Regen der Wahlkampf der AfD stattfindet. Nach ein paar Fotos zieht es die AfD-AkteurInnen in den Bremer Ratskeller. Auch hier wollen die BetreiberInnen keine Presse in ihrem Hause, um nicht mit der AfD in Verbindung gebracht zu werden. Nach kurzem Aufenthalt kamen Von Storch und ihr Anhang aus dem Ratskeller zurück, für das schnell Selfie vor den Bremer Stadtmusikanten. Und das war es dann auch. Die AfD verschwindet ins Blue Radisson Hotel um die Ecke. Nicht das noch tatsächlich “die Antifa” auftaucht. Später schleicht Spitzenkandidat Kappelt mit seinem Begleitschutz allein durch die Seitenstraßen der Altstadt. Schaut sich die historischen Bauwerke an und gibt seiner schützenden Begleitung ungefragt Geschichtsunterricht.

Die zunächst angekündigte Pressekonferenz fällt schlussendlich ganz aus. Warum die AfD es nicht schafft, wenigstens unter ihren Bedingungen eine Konferenz abzuhalten, lässt sie unbeantwortet. Räumlichkeiten im Eigentum der Bremer AfD sind aufgrund der Streitigkeiten innerhalb der Partei wohl für eine Pressekonferenz nicht zu haben. Verglichen mit jüngsten Wahlkampfauftritten der demokratischen Parteien in Bremen, war das kleinlaute Spektakel der AfD wohl eher eine Lachnummer. Keine Kundgebung vor WählerInnen, keine Pressekonferenz, nicht einmal ein offizieller Besuch im Landesparlament. Wenigstens ein kleiner Schlagabtausch mit antifaschistischen Protestierenden, um es für die Socialmedia-Blase zu skandalisieren? Nichts!

Wir sind hier um Wahlkampf zu machen!“, erklärt Von Storch der anwesenden Presse.

Wo konkret der sein soll, weiß sie offenbar selber nicht.

Redaktion
AfD Watch Bremen