AfD Landesvorstand im Interview mit dem NDR Magazin ZAPP legt offen, dass von Vorstandsmitglied und Journalisten Hinrich Lührssen keine Vermittlerrolle zu erwarten ist
Diese Woche war das neue AfD Vorstandsmitglied und Journalist Hinrich Lührssen im NDR Magazin ZAPP interviewt worden. Wer nun erwartet hat, dass Lührssen nach seinem absurden TV Auftritt bei Markus Lanz nun der Öffentlichkeit Klarheit über seine Rolle in der AfD verschafft, wurde mit mehr Fragen als Antworten zurückgelassen. Stattdessen mischte sich, unter beständiges Ausweichen kritischer Fragen, mit unverhohlener Propaganda über eine vermeintliche Opferrolle der AfD, Parteichef Frank Magnitz.
Vor einem Monat ließ der Landesverband noch wissen, was der von öffentlich-rechtlichen Medien in Bremen hält und impliziert in Frageform, Radio Bremen hätte aufgrund des Parteibuchs entschieden. Wohl wissend darum, dass Lührssen ausschließlich aufgrund seiner Berufung als Vorstandsmitglied und nicht aufgrund seiner bloßen Parteimitgliedschaft bei Radio Bremen keine Aufträge mehr erhält:
“Seit wann ist es in Deutschland verboten in einer demokratisch gewählten Partei tätig zu sein? Wieso wird hier mit zweierlei Maß gemessen? Ist bereits in der Bremer Medienlandschaft angekommen, dass die AfD drittstärkste Partei im Deutschen Bundestag ist? Wurde durch Herrn Pascal Faltermann inzwischen recherchiert wie viele Parteimitglieder “Die Linke”, also der SED Nachfolgepartei, für/bei Radio Bremen arbeiten?” In einer von Magnitz vor wenigen Wochen veröffentlichen PM schließt dieser mit “Was kommt da bloß auf uns zu? Vielleicht eine bessere Zeit, die den Mehltau der Merkel Ära hinweg fegt, die bleiernde Zeit der Öko- und Meinungsdikatur beendet (..)”. – “Mehltau”, ein Begriff der eine vermeintliche, geschwürartige Erkrankung des “Volkskörpers” meint. Also ganz in der neofaschistischen Höcke-Diktion provokativer Herabwürdigungen der Presse, startet die AfD in Bremen ihre vorgebliche “Dialogbereitschaft”.
Dabei wäre der von Magnitz beschworenen Demokratie mehr geholfen, die AfD danach zu fragen, wie viele Rechtsextremisten inzwischen von Steuergeldern durch die Bremer AfD finanziert werden. Und warum bei jeder Kritik an der AfD, sie sofort ins ablenkende Whataboutism verfällt, bzw. beim Thema AfD das Gespräch sofort auf Dritte lenkt. PolitikerInnen kommen hier zum Vorschein die sich wie trotzige Kleinkinder gerieren. Welche nachdem sie jemandes Sandburg zerstört haben und konfrontiert werden, schreien: “aber der andere hat das auch gemacht!”.
Lührssen will nicht vermitteln
In dem Interview mit Zapp behauptet Lührssen “Es sind da wirklich zwei Fronten entstanden und die sind auch wirklich sehr verhärtet. Und im Rahmen meiner bescheidenen Möglichkeiten, möchte ich mich schon dafür einsetzen, dass da ein Dialog entsteht.” Denn “man kann sicherlich einigen Mitgliedern der AfD besser erklären wie Medien auch arbeiten, was da noch im Hintergrund ist”.
Konfrontiert mit Äußerungen von AfD BundespolitikerInnen, die gezielt pressefeindliche Aussagen tätigen und inzwischen öffentlich-rechtliche Medien nur noch als “Staatspropaganda” diskreditieren, erwidert Lührssen: “Ich würde das nicht als Staatspropaganda bezeichnen. Aber es ist sicherlich auch nicht so unabhängig wie es sein sollte”. Auf die Frage der Zapp Journalistin, ob Lührssen dazu etwas beispielhaftes erläutern könnte, weicht Lührssen aus: “Ich möchte jetzt nichts schlechtes über Kollegen sagen. Aber die Beispiele gibt es zu hauf”.
Weiteres Nachfragen, ob er denn irgendwas dazu sagen könnte, führt bei Lührssen nicht zur Versachlichung, sondern zur plumpen Abwehr. “Ne, möchte ich jetzt nicht! Und etwas schlechtes über Kollegen sagen vor der Kamera muss nun auch nicht sein!”. Jedoch auch ohne Kamera im Gespräch sagt Lührssen nichts zu den angeblich vorhandenen “Haufen an Beispielen”. Lührssen hatte ausreichend Raum etwas kritisches und konstruktives zu den öffentlich-rechtlichen Medien zu sagen. Gerade weil die AfD programmatisch immer wieder behauptet, sie dürfe in öffentlich-rechtlichen Medien nie ihre Sicht der Dinge erläutern, wäre der Raum weit offen gewesen sich klar zu positionieren und Kritik zu üben. Stattdessen fixiert Lührssen ungefragt die Angelegenheit auf einzelne Kollegen, über die er nichts schlechtes sagen wolle. Dabei war das gar nicht der Kern der Frage, sondern was denn nun konkret das Problem bei den Medien sei.
Medien als Front?
Ist das das Verhalten eines gestandenen Medien-Journalisten der angeblich genau weiß wie es “Hinter den Kulissen” läuft? Aber selbst nicht in der Lage ist vor den Kulissen auch nur ein einzigen substantiierten Satz raus zu bringen. Der die Öffentlichkeit einordnen lässt, was genau Lührssen und die AfD an den Medien kritisiert und was genau Lührssen in den Vorstand der AfD treibt. Außer irgendwas mit “Merkels Flüchtlingspolitik” zu murmeln und sich in der Talkshow Markus Lanz vollends der Lächerlichkeit Preis zu geben mit seinem posaunenden: “AfD wirkt!”. – Lührssen behauptet nun, er sei angetreten, um zwischen den “verhärteten Fronten zu vermitteln”. Die Medien sind aber keine Front! Und “vermitteln”, das wurde im Zapp Beitrag überdeutlich, ist genau das, was Lührssen so überhaupt nicht kann und offensichtlich auch nicht will. Und besonders unglaubwürdig wird das ganze Schmierentheater der AfD, wenn Parteichef Magnitz, der gestern noch JournalistInnen körperlich angeht und sie gemeinsam mit seinem Parteiumfeld beschimpft, das Wort ergreift. Dazu gehört das sein Stellvertreter Thomas Jürgewitz JournalistInnen in einer öffentlichen Mitteilung aufs übelste abwertete. Derselbe Magnitz, der sich als Beschützer angeblich attackierter Volksgenossen in den Weg der Medien zu stellen glaubt, geifert im Interview wieder einmal als völkischer Watchdog, diesmal neben Journalist Lührssen. Exakt dieses “Vermitteln” zwischen Medien und AfD, wäre jetzt angebracht gewesen. Lührssen unterlässt dieses Vermitteln. Obwohl er noch in denselben Interview behauptete dafür im Landesverband angetreten zu sein. – Aussteiger aus dem Landesverband munkeln, Lührssen sei für sein Auftreten in der AfD von Magnitz gut bezahlt worden. Bei der Art und Weise wie dilettantisch Lührssen auftritt und sich hier ohne Not politisch selbst demontiert, lässt sich das Gerücht wohl nicht unbedingt gleich als haltlos zurückweisen.
Weiter beantwortet Magnitz gegenüber Zapp die Frage “warum das alles”, das Verhalten seines Landesverbandes mit den rostigen Klängen aus dem AfD Leierkasten: “Wir müssen unsere Leute schützen, denn die werden wirklich an Leib und Leben bedroht oder an ihrem Eigentum. Und da niemand in der Lage ist uns zu schützen und da auch von Seiten der Medien überhaupt keine Unterstützung aus der Richtung kommt. Ganz im Gegenteil.” – Eine zynische Darstellung, nachdem es Magnitz und seine Parteiumfeld war, die nicht zuletzt auf dem Parteitag der AfD Bremen JournalistInnen angingen, bedrohten und beleidigten. Es war einer seiner Parteikameraden bei einem Partei-Werbestand im Stadtteil Findorff, der Jugendliche vor ZeugInnen körperlich bedrohte, weil sie ein Foto vom Partei-Stand machten. Und auch bundesweit werden durch die AfD im Netz und auf der Straße immer wieder Journalisten bedroht. Oder medienfeindliche Ankündigungen verbreitet, wie dass JournalistInnen schlimmstes zu befürchten haben, sobald die AfD an der Macht sei. Das es gar nicht Aufgabe von Medien ist, die AfD “zu unterstützen” oder dass die AfD massive Glaubwürdigkeitsprobleme hat, wenn sie militante Neonazis unterhält, kommt Magnitz gar nicht erst in den Sinn.
Von Vermittlung keine Spur
Auch als Lührssen mit den Aufnahmen konfrontiert wird, die die Aggressionen des Landesvorstands bei diesem Parteitag gegenüber JournalistInnen demonstriert, wiederholt Lührssen genau das Verhalten, dass Kritiker der AfD immer wieder genau so beobachten können. So beantwortet er nicht die Frage oder gibt ein ‘die Wogen glättendes’ Statement ab, das zur Sache irgendetwas konstruktives beiträgt. Sondern stellt eine ausweichende Gegenfrage an die Journalistin: “Und? Wie bewerten Sie das? Und wofür ist das jetzt für Sie der Beweis?”. Lührssen, ein ausgebildeter Journalist, weiß ganz genau, dass in einer Interview-Situation JournalistInnen die Fragen stellen und der Interviewte antwortet. Dieser Versuch die Rollen zu verkehren, nutzt zwar zur Ablenkung von der von ZAPP gestellten Frage, trägt aber nichts zur Sache bei. Die Journalistin bestand auf die Akzeptanz ihrer Rolle im Interview. Lührssen knickt daraufhin ein, mit der nichtssagenden Behauptung, dort beim Parteitag habe eine “schwierige Situation” geherrscht.
Das ist also diese “Vermittlung” von Lührssen zwischen Medien und AfD. Lührssen wäre kein Zacken aus der Krone gebrochen, hätte er in dem Moment darauf hingewiesen, dass Parteitage keine “private Veranstaltung” sein können und dass JournalistInnen jedes Recht haben, mindestens vor der Tür des Parteitages zu warten und für die Öffentlichkeit ein Eindruck einzufangen. Wer dort mit wem agiert und was diese politischen AkteurInnen der Bevölkerung zu sagen oder eben nicht zu sagen haben. Steuergelder nehmen, aber den Steuergeld-Gebern die Tür vor die Nase zuzuknallen und zu sagen, geht euch hier alles nichts an “ist privat”, ist keine Umgangsform in einer parlamentarischen Demokratie. Magnitz Aussage, es sei eine “Privatveranstaltung und Kameras seien nicht zugelassen”, ist keine zulässige Entschuldigung einer “Schwierigen Situation”, sondern ein Diktat an die Medien, was sie zu tun und zu lassen hätten. Das mag in autoritären Regimen gang und gäbe sein. In einer Demokratie, in dem die Presse-Freiheit im Grundgesetz als hohes Gut geschützt wird und gerade PolitikerInnen an vorderster “Front” zu stehen haben, dieses Gut zu verteidigen, hat die Aussage von Magnitz keine Legitimation. Sondern ruft zur Besorgnis.
Dass Lührssen in dem Interview durch lamentieren und ausweichen, Magnitz den Interpretationsraum überlässt, wie Medien sich zu verhalten haben und behauptet Medien sind eine Front gegen die AfD, zeigt das von Lührssen als selbsternannter “Vermittler” zukünftig nichts, aber auch gar nichts, zu erwarten ist.
Redaktion
AfD Watch Bremen