In der Schwankhalle Bremen diskutierten die Gäste zu verschiedenen Aspekten des “Kulturkampfs von rechts” und die Herausforderungen an die Kulturbetriebe.

Am gestrigen Abend diskutierten Gäste aus dem Kulturbetrieb in der Bremer Schwankhalle zum Thema “Kulturkampf von rechts“, wie sie Angriffe von AkteurInnen der AfD und “Identitärer Bewegung” erleben und wie sie sich dagegen schützen. Nicht überall sehen sie den Kulturbetrieb gut aufgestellt. 

Veranstaltungen kapern, bedrohen, angreifen und parlamentarisch gegen Kulturschaffende vorgehen. Das kennen die VertreterInnen der gestrigen Podiumsdiskussion nur zu gut. Sei es Kampnagel, die in Hamburg regelrecht überschüttet werden mit parlamentarischen Anfragen der AfD. Turbo Pascal, die live erleben mussten, wie “Identitäre” versuchten ihre Veranstaltung zu der ihren zu machen, und mit verlogenen Darstellungen in ihren “neurechten” Kanälen instrumentalisierten. Oder in Bremen das Zuckerwerk, das durch die Bremer AfD und BiW seit Jahren kriminalisiert wird. Statt mit Subkultur, sich im Modus der Rechtfertigungen und Zivilrechtsverfahren mit der Bremer AfD wiederfinden. 

Die Kultur-Szene hat bundesweit ein Problem. Noch eins! Reichte es nicht, dass zu wenig Fördermittel, zu wenig Räume, zu viele gesetzliche Vorschriften ihr das Leben schwer macht, hat sie nun ein Partei vor ihrer Tür, die sie am liebsten alle von den Bühnen jagen würde. Ginge es nach der AfD, spielte eine Endlosschleife völkischer Deutschtümelei. So ließ der AfD Akteur und Anhänger des Höcke-Flügels, Hans-Thomas Tillschneider, keine Zweifel an der kulturfeindlichen Haltung innerhalb der AfD:

In Zukunft wird die AfD ganz genau auf die Programmatik der Bühnen schauen, Intendanten, die ein zu buntes Agitprop-Repertoire mit Regenbogen-Willkommens-Trallala auf die Bühne bringen, denen muss man die öffentlichen Subventionen komplett streichen. Wenn ein Theater nur solche Stücke spielt, ansonsten nichts Sinnvolles macht, dann sehen wir keinen Sinn mehr darin, das zu fördern, dann werden wir natürlich sagen, dass das Ding zugemacht werden muss.“

Mit Kulturangeboten in der Großstadt ist es nicht getan

Die diskutierenden Gäste auf dem Podium der Schwankhalle, waren sich schnell einig, dass es Geschlossenheit und Solidarität braucht, um sich gegen den Versuch der AfD zu schützen, die Kunstfreiheit als solches zu erschüttern. Dass es Aufmerksamkeit dafür braucht, das extreme Rechte mit den Instrumentarien der bürgerlichen “Mitte” daran arbeiten, diesen für die Demokratie existenziellen Stützpfeiler anzusägen. Dass jede von der AfD erzwungene Debatte abzulehnen ist, ob es zu wenig völkisch-nationalistischen Einfluss auf die Kulturbetriebe gäbe. Rassismus, Antifeminismus und Homophobie sind keine Kultur, sondern dessen fehlen. – Doch auch, wenn mit einem gemeinsamen Bündnis wie “Die Vielen”, ein erster Schritt getan scheint, bundesweit Kulturbetriebe und KünstlerInnen zu solidarisieren, so sind in der Praxis doch ganz andere Herausforderungen zu bewältigen, die die Kultur-Szene beschäftigen. Aus Sicht der Diskutierenden, sei es bspw. schwierig in den ländlichen oder strukturschwachen Regionen zu wirken. Besonders, wenn die Aufmerksamkeit und Zustimmung für extrem rechte Parteien und Vorfeldorganisationen in einigen dieser Regionen besonders hoch ist. Wo es rechten Netzwerken leicht gelingt, die Bevölkerung gegen die liberale Gesellschaft und damit auch gegen die Kunstfreiheit aufzubringen. Besonders in diesen Regionen, finden häufig in Metropolen angesiedelte Kulturbetriebe nicht immer die geeignete Sprache oder überhaupt erst einmal die notwendigen Mittel und Kapazitäten. Um dort zwischen einem Tante Emma Laden und zwei Kühen passende Angebote zu machen, die mehr sind, als nur ein einmaliges Event.

Kultur braucht mehr als Solidarität von innen

Und selbst wenn es ihnen in solchen Regionen gelingt, so sind sie am Ende wieder mit der profanen Realität der Sachzwänge konfrontiert. Behörden und Kommunalpolitik machen es den KünstlerInnen nicht gerade einfach. Denn anders als bspw. ein Staatstheater, das solide in der bürgerlichen Mitte integriert und gefördert ist, werden KünstlerInnen außerhalb des Mainstreams es weiterhin schwer haben. Das sich inmitten von Sachzwängen und unerfüllbaren Auflagen aber ein Staatstheater schützend vor ein Zuckerwerk wirft, wenn dieses zudem noch von der AfD angegriffen wird, ist bisher eher nicht zu erwarten. – Zwischen Auflagen, Bauvorschriften, Finanzfragen, mangelnden Freiflächen und Anfeindungen von rechts, auch noch die Zeit zu finden, um ihrer kreativen Agenda Ausdruck zu verleihen, ist dann fast schon die eigentliche Kunst. So sehen sich bundesweit viele der Kulturschaffenden, besonders im subkulturellen Bereich, eher am Rande ihrer Kraft dem Kontroll- und Ordnungsfetisch des deutschen Staates gerecht zu werden. Wenn dann noch eine extrem rechte Partei nicht müde wird, sie öffentlich zu kriminalisieren und ihnen ihre Freiheit grundsätzlich abspricht, sind Resignation und Ohnmacht für kleinere KünstlerInnen-Projekte in der Konsequenz die bittere Folge. Wenn das staatliche Korsett es also nicht schafft diesen KünstlerInnen die Luft zum Atmen zu nehmen, dann mittelfristig eine AfD, die ihnen einfach unverhohlen vor aller Augen die Luftröhre zudrückt. –

So konnte die Debatte und die Erfahrungsberichte am gestrigen Abend, auch nicht die Gäste guter Dinge entlassen. Die Stimmung unter Kutlturschaffenden, besonders weit außerhalb des Mainstreams, ist nicht gut. Der gesamtgesellschaftliche Rechtsruck baut zusätzlichen Druck auf, auch in Bremen. Und außerhalb der größeren Städte endet für viele die Vorstellungskraft, wie dort überhaupt Errungenschaften der liberalen Gesellschaft, wie die freien Künste, Bühnen und Projekte nachhaltig vermittelt werden sollen. Oder wie oft waren Sie wegen des Kulturangebots in Bremen-Nord und Bremerhaven unterwegs? – Dabei sind das nicht einmal die Orte, denen es gänzlich an Angeboten fehlt. 

Die Lösungen fehlen, weil Debatten und Verständnis fehlen

Der Abend war eine kleine Debatte auf einer kleinen Bühne, die gezeigt hat, dass es eine gesamtgesellschaftliche Debatte auf den großen Bühnen braucht. Nicht nur über die Frage, wie Kultur und Subkultur gestärkt und geschützt werden kann. Sie nicht nur von den KünstlerInnen verteidigt, sondern auch von ihren KonsumentInnen, von ihren KritikerInnen, von allen. Wie sie aus der Verteidigungshaltung und ständiger Sorge heraus kommen kann, für das bisschen Freiheit, das sie in den letzten Jahrzehnten inmitten eines grauen 50er Jahre Deutschlands errungen hatte. Um endlich einen gesamtgesellschaftlich geschützten und unantastbaren Raum zu haben, für das was ihr eigentliches ist: Die Vielfältigkeit der Kultur!

Redaktion
AfD Watch Bremen