Bürger in Wut und AfD Bremen gehen Kooperation zur gemeinsamen politischen Zukunft ein

Vor einigen Wochen wurde uns ein Dokument zugespielt, das in Kopie einen Antrag zum Landesparteitag der AfD Bremen 2016 enthält. Unter anderem wurde dieser Antrag vom zweiten Vorsitzenden der Jungen Alternative und seit Ende 2017 auch Schriftführer im Landesvorstand, Marvin Mergard, ausgearbeitet. Mergard war in den letzten Monaten besonders durch seine Unterstützung von Auftritten der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ öffentlich aufgefallen.

In seinem Antrag an den Parteitag heißt es:

„Der Parteitag beschließt die Bildung eines Ausschusses mit dem Namen: Kooperation und gemeinsame politische Zukunft zwischen der AfD und den BiW im Land Bremen“.

Auf diesem Parteitag wurde dem Antrag mehrheitlich zugestimmt und in Kraft gesetzt. In der Begründung für den Antrag werden verschiedene Aspekte angeführt, in der die AfD Bremen Deckungsgleichheit in der „politischen Ausrichtung“ mit der Partei BiW betont. Die wohl zutreffende Prognose der Rechtsextremisten:

„Eine Zusammenarbeit oder gar Zusammenschluss würde die AfD in Bremen qualitativ und personell stärken und die Arbeit der Bürgerschaftsabgeordneten durch eine Gruppenbildung aufwerten. Auch in der Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven und auf Beirats-Ebene ist eine verstärkte Zusammenarbeit erstrebenswert, um die politischen Anliegen der AfD besser nach außen vertreten zu können und sich mehr Gehör zu verschaffen“

Zudem enthält das Papier eine Analyse über die Erfolgschancen durch das Zusammengehen bei den nächsten Wahlen. So analysieren die Urheber die eigene politische Zukunft, mit Rückblick auf die vergangene Wahlperiode zur Bürgerschaftswahl 2015:

„Aufgrund der 5 % Hürde bei Landtagswahlen floss der Stimmenanteil der BiW in die Berechnung der Bürgerschaftssitze nicht ein, eine gemeinsame Liste (..) hätte für beide Gruppierungen zusammen wahrscheinlich 6 Mandate in der Stadt Bremen und 2 Mandate in Bremerhaven erbracht und somit den Fraktionsstatus in der Bremer Bürgerschaft bedeutet“. Mit seltsamen Vokabeln wird im Weiteren die eigene Anhängerschaft für kommende Wahlperioden gewarnt: „Diese Kannibalisierung der Stimmen in einem gemeinsamen Wählerreservoir darf kein zweites Mal geschehen, weder bei den jetzt anstehenden Bundestags- noch den folgenden Bürgerschafts- und Europawahlen (..)“

In diesem Teil des Antrags wird also deutlich, dass die AfD erkannt hat, das sie eine Konkurrenzpartei vor der Tür sitzen hat und das diese unnötig Stimmen kostet, während strategische Zusammenarbeit Vorteile verspricht. In einem weiteren Teil des Antrags wird die Ausgestaltung und der Zweck eines Parteiausschusses für die Kooperation zwischen den beiden Parteien festgelegt. Der Ausschuss setzt sich folglich zusammen aus

„einem Vertreter des Landesvorstandes, einem Bürgerschaftsabgeordneten, einem Vertreter der Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven, einem Vertreter des Landesvorstandes der Jungen Alternative sowie einem Mitglied der Parteibasis“

Mit anderen Worten, es soll dort die obere Riege der parteierprobten Rechtsextremisten, wie Alexander Tassis oder auch Marvin Mergard, die Annäherung der beiden Parteien zur gemeinsamen politischen Zukunft, kontrollieren und ausbauen.

Hierzu stattete der Parteitag sodann auch diesen Ausschuss entsprechend mit eigenen Rechten aus:

„[Der Ausschuss] vertritt die AfD Bremen gegenüber den BIW ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und führt seinen Pflichten entsprechende Gespräche mit der BIW. Er darf gemeinsame Treffen im Namen der AfD mit Mitgliedern der BIW veranstalten und organisieren. Er kann gegenüber dem Landesvorstand eine Empfehlung zur Aufnahme und Ablehnung von Personen aussprechen, die in der BIW sind oder waren oder in begründeter Art und Weise mit ihr in Verbindung stehen“

Dieser Ausschuss, der die Aufgabe hat ein Zusammengehen der beiden Konkurrenten auszuloten sowie durch gemeinsame Verabredungen eine Strategie zu fahren, die vor allem den Einfluss der AfD in Beiräten, Ausschüssen, Deputationen und in der Bürgerschaft stärken soll, ist bis zur kommenden Bürgerschaftswahl 2019 berufen worden. Danach soll der Ausschuss durch Frist automatisch aufgelöst sein.

Einordnung

Auf diversen Beirat-Sitzungen und ähnlichen Veranstaltungen konnten wir im gesamten Zeitraum 2017 dieses „Zusammengehen“ bestens beobachten. Eine Trennung zwischen diesen beiden Parteien gibt es faktisch nicht. Beide sind derart rassistisch in ihrer Ideologie und in ihrer Agitation, dass ein Zusammengehen der beiden Parteien beinah als Naturgesetz zu betrachten ist. Was die BiW von den AfD Akteuren bislang unterscheidet, ist dass sie in ihrer öffentlichen Agitation auf völkische Argumentationsmuster verzichtet und zivilisatorische Grundprinzipien nicht in Frage stellt Weshalb die BiW in weiten Teilen auch nicht als rechtsextremistisch, sondern eher als rechtsradikale Partei einzustufen ist. Darüber hinaus verbindet die beiden Parteien jedoch weit mehr als sie trennt. Zuletzt kennzeichneten besonders Personen wie Oliver Meier oder Fritjof Balz die BiW. Auch wenn beide die Partei inzwischen verließen, zeigen diese Akteure exemplarisch welches Klientel hier die BiW deckungsgleich mit der AfD anspricht. Die demokratischen Parteien in Bremen sollten in ihren eigenen taktischen Erwägungen heraus, die Strategie der AfD Bremen nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern Gegenstrategien eröffnen. Die AfD ist inzwischen unter den Status –too big to fail– zu subsumieren und sucht zunehmend aggressiv nach effizienten Möglichkeiten ihre Einflusssphäre auszubauen.

Mit derartigen Zusammenschlüssen und ihren neuen Zugängen zu weiteren Machtstrukturen, nicht zuletzt durch den von allen Parteien bundesweit unterschätzen Wahlerfolgen der AfD 2017, wird das Interesse der RechtsextremistInnen um so größer werden, um die für sie schwierigen Regionen, wie Bremen, mittelfristig aufzubrechen. Was der Erfolg der AfD in Landtagen bedeutet, beobachten KollegInnen u.a. in Sachsen und Thüringen. Mit solchen Kooperationen, unter möglichen parlamentarischen Zusammenschluss zwischen AfD und BiW, legt die bundesweite Rechtsextreme sich in der nördlichen Region der Bundesrepublik strategisch ihren Weg dahin.

Redaktion
AfD Watch Bremen