2024
Am 12.02.2024 sei der Stadtverordnete Kevin Schäfer aus der Fraktion in Bremerhaven ausgetreten, so das Büro des Stadtverordneten-Vorstehers. Vorausgegangen seien Differenzen innerhalb der Fraktion. Die genauen Gründe lässt die Parteiführung wie immer bei solchen Ereignissen ungenannt. Schäfer soll laut Presseberichten lediglich als Einzelabgeordneter in Bremerhaven aktiv bleiben. Somit verliert die AfD in Bremerhaven ihren Fraktionsstatus und wird fortan als Gruppe mit weniger Rechten und Geldern auskommen müssen. Kurz zuvor verlor ihre ideologische Schwesterpartei “Bündnis Deutschland” bereits überraschend Fraktionsmitglieder.
2023
Rechtes WählerInnen-Potential verschiebt sich zugunsten der Partei “Bündnis Deutschland”.
Der AfD gelingt trotz eines erheblichen Aufwandes im Bereich Parteiwerbung lediglich der Einzug mit drei Stadtverordneten in Bremerhaven. Durch die niedrige Hürde kann sie in Bremerhaven als Fraktion auftreten. Durch die jahrelangen Streitigkeiten innerhalb der Partei und dem ständigen Wechsel von Personal und aktiven Mitgliedern, ist kaum für die Öffentlichkeit erkennbar, wer die Partei in Bremen und Bremerhaven überhaupt ist und welche konkrete Positionen sie bezüglich regionaler Themen vertritt. Zugleich macht ihr zu schaffen, durch ihre internen Streitigkeiten kaum geeignete KandidatInnen für ein Amt zu finden. Manche KandidatInnen kommen inzwischen nicht einmal mehr aus dem Raum Bremen. Dem bisher rekrutierten Klientel mangelt es an Sach-Kompetenz und entsprechend rhetorischer Befähigungen. Auch ein Nachwuchs in einer AfD-Jugendorganisation ist kaum vorzufinden. Die Einstufung der “JA” als gesichert rechtsextrem durch Sicherheitsbehörden, führte zur offiziellen Auflösung der aktiven AfD-Jugend in der Region.
Hinzu tritt zum Nachteil für die AfD ihre selbstverschuldete Nichtzulassung zur Bürgerschaftswahl 2023 und ihre starke Konkurrenz mit der ideologischen Schwesterpartei “Bündnis Deutschland”, ehemals “Bürger in Wut”. Die AfD in Bremerhaven schafft es nicht während der Wahlkampf-Phase eine eigene klar abgrenzbare Position neben den Wutbürgern zu finden. Von der selbst verschuldeten Bedeutungslosigkeit der AfD in dieser Region, profitierte letztlich “Bündnis Deutschland”, mit erheblichen Stimmzuwachs und entsprechend mehr Sitzen in der Stadtverordneten-Versammlung. Trotz des zufälligen Vorteils für die Fraktion “Bündnis Deutschland” führen auch hier interne Streitigkeiten zu einer baldigen Erosion und in der Folge zu spontanen Austritten von Fraktionsmitgliedern. Unabhängig der anhaltenden Streitigkeiten und ihre auffälligen Inkompetenz in Sachfragen, bleiben die beiden Fraktionen/Parteien durch ihren rassistischen und in Teilen völkisch-nationalistischen Diskurs weiterhin gefährlich. Des Weiteren hat besonders die AfD ihre Radikalisierung ungebremst fortgesetzt und zeigt hinter ihrer bürgerlichen Fassade und Selbstverharmlosungs-Strategien, eine ungebremste Annäherung an völkisch-nationalistische Ideologien und eine fortgesetzte Vernetzungsarbeit in das extremistische Milieu. Eine Einstufung als potentielles Beobachtungsobjekt durch den Verfassungsschutz brachte bislang keine Einsicht bei den zerstrittenen Vorständen der AfD.
Teile der Wutbürger zeigen mindestens Sympathien mit diesem extremistischen Weltbild. Ein Stadtverordneter der AfD ist eng vernetzt mit Personen der rechtsextremen sowie der verschwörungsideologischen rechten Szene. Ein Wutbürger von “Bündnis Deutschland” musste die Fraktion verlassen, nachdem seine rechtsextremen Verbindungen in der Presse kritisiert wurden und Empörung in der Öffentlichkeit ausgelöst haben. Dieser sitzt nun als parteiloser Einzelabgeordneter hinter den beiden rechten Parteien. Beobachtungen zur Folge, diente der Rauswurf nicht der eigenen Auseinandersetzung, sondern lediglich als Nebelkerze, um sich als rechtsradikale Partei erneut “bürgerlich” inszenieren zu können.
Zur Beobachtung steht in der laufenden Legislatur (2023 – 2027) die Verbindungen und interfraktionelle Zusammenarbeit zwischen den beiden rechten Fraktionen/Parteien. Eine weitere Annäherung an die Ideologie und AkteurInnen der AfD, bedeutet für die Partei “Bündnis Deutschland” auch eine zunehmende Radikalisierung und damit letztlich die Gefahr auch in den Fokus des Verfassungsschutzes zu rücken. Durch die stumme Übernahme von Teilen des rechtsextremen WählerInnen-Klientels der AfD in der Region, ist auch deren Einflussnahme auf die Partei “Bündnis Deutschland” zu beobachten.
2020
Neubildung AfD-Fraktion.
Durch den Austritt von Natalia Bodenhagen aus dem Parlament (zuletzt Wechsel zur CDU-Fraktion), fiel ihr Sitz wieder zurück zur AfD. Durch den zurückgewonnenen dritten Sitz für die AfD, konnte Jens Kupke nachrücken. Die Stadtverordneten-Versammlung macht mindestens drei Sitze zur Bedingung für den Fraktionsstatus. Durch den erneuten Fraktions-Status stehen der AfD in Bremerhaven erheblich mehr Mittel zur Verfügung und erweiterte parlamentarische Rechte.
Auflösung der AfD-Fraktion
Nach Austritt zweier Stadtverordneter der AfD Fraktion in Bremerhaven, verlor die AfD im Oktober 2020 ihren Fraktionsstatus. 2019 war bereits die AfD-Fraktion in der Bremer Bürgerschaft zerbrochen. In beiden Fällen waren parteiinterne Querelen ursächlich. Sowohl aus der Fraktion, als auch aus der Partei selbst, traten Natalia Bodenhagen, Pascal Hiller und dessen Nachrücker Sven Lichtenfeld. Als Grund geben diese an, nicht mit dem Chef des Kreisverbandes Thomas Jürgewitz zusammenarbeiten zu können. Die aus der Partei ausgetretene Natalia Bodenhagen hatte nach Angaben des AfD-Landesvorstandes, mindestens bis 2019 noch das Amt der “Schriftführerin” inne. Für den Landesverband trat Bodenhagen nie öffentlich in Erscheinung. Ähnlich auch Pascal Hiller. Die Besetzung von Posten innerhalb der AfD, ohne das jeweilige AkteurInnen entsprechend öffentlich für die Partei auftreten oder werben, ist seit 2015 charakteristisch für die Partei.
2019
In Bremerhaven deutlicher Rechtsruck, in Bremen marginal
Die AfD Bremerhaven konnte bei den Wahlen im Mai 2019 vier Mandate für die Stadtverordneten-Versammlung erreichen. Im Vergleich zu den Wahlen 2015, erhielt die AfD für Bremerhaven drei weitere Mandate. Damit kann sie in Bremerhaven in Fraktionsstärke einziehen. Zuletzt vertrat der Kreisverbands-Vorsitzende der AfD Bremerhaven, sowie stellv. Landesvorsitzende, Thomas Jürgewitz, als Einzel-Abgeordneter seine Partei in der Stadtverordneten-Versammlung. Nach den gesetzlichen Regelungen, erreicht die AfD mit ihren zusätzlichen Sitzen in Bremerhaven das erste Mal Fraktionsstärke. Ebenso die mit ihr konkurrierende Law & Order -Partei “Bürger in Wut” (BiW). Diese konnte einen Sitz dazu gewinnen. Und erhält nun 4 Sitze. Insgesamt wählten in Bremerhaven 16,5 Prozent der Wahlberechtigten rechtspopulistische und rechtsaußen Parteien. Im Vergleich mit 2015, vollzog sich in der Region Bremerhaven damit ein deutlicher Rechtsruck. Die NPD, die bis dahin mit einem Sitz vertreten war, verliert ihr einzig verbliebenes Mandat und vollzieht damit ihre schleichende Bedeutungslosigkeit. Die seit 2011 kontinuierlich im gesamten Bundesgebiet zu beobachten war. Insgesamt wachsen die Mandate der rechtsaußen Parteien von 2015 sechs Mandate, auf acht Mandate 2019 an.
Gemessen mit den Zustimmungswerten bei der Bundestagswahl 2017, verliert die AfD faktisch an Zustimmung. Auch im Bundesvergleich liegt die AfD im Bundesland Bremen weit zurück. Auch auf Bundesebene gehen die Zustimmungswerte im Westen Deutschlands insgesamt zurück, während sie im Osten Deutschlands (Thüringen, Brandenburg, Sachsen) zunehmen. So verliert die AfD auf Bundesebene an Zustimmung. 2017 lag der Wert bei 13 Prozent. 2019 bei 11 Prozent.
Dennoch konnte die AfD durch die vorherrschenden Bedienungen in Bremerhaven, die Zuspruch zu extremen Parteien schon seit Jahrzehnten begünstigten, ihre eigentliche Schwächung im Bundesland seit 2017, und ihre stagnierenden Werte im Stadtgebiet Bremen, verbergen. Dies wird besonders in der Bürgerschaft sichtbar, dort erreicht sie aus dem Stadtgebiet Bremen keine nennenswerte Zuwächse, im Vergleich zur Wahl 2015 (5,5 Prozent, 2019, 6,1 Prozent). Ihre Fraktionsstärke in der Bürgerschaft, erreichte sie diesmal nur durch das zusätzliche Mandat aus Bremerhaven. Das ihr 2015 knapp verwehrt blieb. So ändert sich ihr Wirkungskreis für das Stadtgebiet Bremen in 4 Jahren nicht oder nur marginal. So vollzieht sich in der Bürgerschaft auch nur ein minimaler Rechtsruck. Auch, weil die Konkurrenzpartei BiW keine zusätzlichen Mandate in der Bürgerschaft erreichen konnte und ihre 2017 durch Übertritt erlangten Mandate 2019 verliert. So kommt unterm Strich in der Bürgerschaft lediglich ein Mandat für das äußere rechte Lager hinzu.
Dass der Bremer AfD keine nennenswerte Steigerung im Stadtgebiet Bremen gelingt, liegt vor allem an den Schwächen der Führungspersonen, parteiinternen Streitigkeiten, sachfremden und kompetenz-überschreitenden Forderungen, einer intransparenten Parteipolitik und massiven Glaubwürdigkeits-Problemen der Haupt-AkteurInnen. So wie an einem erheblichen zivilgesellschaftlichen Widerstand im Stadtgebiet Bremen. Bei der aktuellen Besetzung der Parteiführung, ist eine Veränderung in den nächsten vier Jahren nicht erkennbar.