Björn Höcke im März 2017

[A]nimal [F]arm [D]eutschland
Von Schweinen und Wölfen

Über Björn Höcke ist durch die neurechte Medienstrategie, mit extremen Tabubrüchen das öffentliche Interesse auf sich zu ziehen, bereits das Wesentlichste was es zu seinen Provokationen und gezielter Hetze zu sagen gäbe, bereits öffentlich diskutiert worden.

Wir möchten an dieser Stelle die Aktivitäten der Person Höcke aus einem anderen Blickwinkel analysieren und den Fokus öffnen. Dazu sind die Beiträge vom Soziologen und Autoren Andreas Kemper hilfreich. Dieser entdeckte zuletzt, das ‘Björn Höcke’ bereits vor seiner Zeit in der AfD, als wahrscheinlichster Autor für ein Propaganda-Magazin der NPD, unter dem Pseudonym ‘Landolf Ladig’, in Frage kommt. Zudem konnte durch Recherchen dokumentiert werden, das Höcke noch während er als Lehrer tätig war, an einer Demonstration teilnahm, die von einschlägigen Neonazis organisiert wurde (siehe Video oben rechts). Seine Darstellung er wolle nur zugeschaut haben, wiederlegt eine Aufzeichnung. Auch zeigt die Nachzeichnung seiner Biografie, das Höcke’s politische Erziehung von Haus aus völkisch geprägt wurde. Seine spätere Neuauflage von tot geglaubten Rassentheorien und ähnlichen Rückgriffen auf ideologische Bausteine des Nationalsozialismus, der Versuch der Restaurierung völkischen Denkens, zeigen eine am deutschen Faschismus orientierte und keine konservative Ausrichtung.

Was der klassischen Rechten in der NPD immer misslang, trägt ausgerechnet mit der AfD Früchte. Die Propaganda, die unter anderem die NPD über Jahrzehnte versuchte in den Mainstream zu tragen, und dabei immer an sich selbst scheiterte, wird nun durch Personen wie ‘Höcke’, als Projektionsfigur der deutschen Neurechten, vor allem durch seine bürgerliche Akzeptanz durch Beruf, Familie, Rhetorik und Habitus, fast ungebremst in den Mainstream getragen. Wo ein Udo Pastörs nie in eine Sendung eingeladen worden wäre, konnte ein Höcke stellvertretend für die Neurechte eine Deutschlandflagge in die Kamera halten und allen signalisieren, wir sind angekommen.

‘Höcke’ kommt die Funktion zu, für die AfD die Aufmerksamkeit für extreme Tabubrüche, auf sich zu ziehen. Der AfD wiederum kommt die Funktion zu, die Neurechte Ideologie in die staatlichen Instanzen zu tragen und dort zu binden. Neurechte Eliten entscheiden, wann es Zeit ist ein neue Strohpuppe rauszuholen und ihr eine neue Fratze aufzumalen, um Empörung zu generieren um so den Zuspruch zur Ideologie zu stärken.

Das Schweinesystem 

Zu sehr herrscht noch das Bild in den Köpfen, das besoffene Springerstiefel-Nazis und lächerliche Schreihälse wie ‘Udo Pastörs’ allein für sich das Bild vom Neofaschisten am rechten Rand gepachtet hätten. Im Eifer besonders deutsch zu sein, dann stets so blöd sind überall darauf hinzuweisen, das sie Hitler ganz toll finden. Typen wie ‘Höcke, hip und freundlich auftretende “Neurechte” wie die ‘Identitären’, haben ihnen schon lange den Rang abgelaufen, nutzen weniger belastete Figuren der deutschen Geschichte und erreichen es inzwischen, teilweise, die alten Strukturen dafür zu gewinnen den an die Gegenwart angepassten Ton der “Neurechten” zu unterstützen; der Sache wegen. Bürgerliche Kräfte und viele JournalistInnen arbeiten sich derweil immer noch an jedes Stöcken ab, das Demagogen wie ‘Höcke’ hinhalten. Skandale versprechen Aufmerksamkeit der Medien. Ein fatales Signal an die “Neurechten” noch mehr davon zu produzieren.

Das es um den einzelnen Tabubruch gar nicht geht, sondern um das Ziel den gesamtgesellschaftlichen Diskurs stabil nach rechts zu verschieben, wird immer wieder ignoriert oder ausgeblendet. Schaut man in die journalistische Landschaft gibt es kaum ExpertInnen zum Thema. Dennoch schreiben über die AfD JournalistInnen, die kaum oder gar keine Hintergrundrecherchen zur AfD nutzen oder tätigen.

Mindestens zwei Aspekte müssen zur Dekonstruktion beim Auftreten der “neuen Rechten” angelegt werden

Erstens verstehen Personen wie Höcke sich als eine Art “neurechte” Avantgarde im Kampf um die vermeintlich einzig richtige Interpretation der Vergangenheit und deuten sie um. Sie forcieren einen Krieg mit der, nach ihrer Auffassung, falschen Gegenwart, die reale Auswirkungen haben soll auf den Straßen, bis hin zu einem Bürgerkrieg. Höcke selbst macht keinen Hehl daraus, das es das Ziel der AfD sein soll, die Stimmung im Land so zu kippen das ein Bürgerkrieg möglich wird. Außerparlamentarische Gruppen wie die “IB” sollen dazu im “vorpolitischen” Raum das ihrige tun, um dieses Ziel voranzutreiben. In dieser Situation des Chaos, wollen sie die Macht an sich reißen. Sein Buch: “Nicht zwei Mal in denselben Fluss”, macht dies überdeutlich. Als Ablenkung von ihrem eigentlichen Tun, romantisieren sie immer neue Heilsversprechen, die vorgeben nur mit ihrer Ideologie ist noch eine Zukunft denkbar, alles andere führe zum Untergang. Während sie selbst den “Untergang” suchen, verkaufen sie zeitgleich das vermeintliche Heilmittel. Sie und nur sie seien die Lösung für alles, alle Macht solle auf sie konzentriert werden für absoluten Wohlstand und Gerechtigkeit für das vermeintliche (reine) Volk. Dies war schon in den 30ern typisches Heilsversprechen der Faschisten in Europa. 

Zweitens haben sie im Gegensatz zur NPD verstanden, wie so einen Krieg um das Ganze glaubwürdig geführt werden muss. Im Gegensatz zu linken Strömungen, die in weiten Teilen sich nicht mehr von ihrer akademisch geprägten Form lösen können, bieten die Neurechten einfache Bilder an von einer schönen, gesunden, stolzen Heimat im Grünen, wo alle immer fröhlich und nett zueinander sind. Wo die Welt nicht komplex, sondern einfach. Wo der einzelne im Kollektiv aufgeht und damit auch die Verantwortung für sich selbst. Diese Bilder waren allgegenwärtig im Nationalsozialismus und sie funktionieren in neuen Farben und Formen immer noch.

Die Schafe zur Schlachtbank

Das zieht bei den unter Leistungsdruck oder von Abstiegsängsten betroffenen Jugendlichen. Das zieht aber vor allem bei denen, die sich davon Aufstieg versprechen. Mit Hitlergruß und Dosenbier wohl kaum. Dennoch bleibt es die gleiche Ideologie von Volk und Rasse wie seit Jahrzehnten propagiert, nur mit anderen Mitteln. Und so trifft das Bild “Der Wolf im Schafspelz” die eigentliche Problematik für die, im Umgang mit der Neurechten unerfahrene bis gleichgültigen Bevölkerung. Denn das Jagdrevier sind nicht die demokratisch gefestigten, nicht die mit den Verhältnissen sich arrangiert haben, sondern die Wütenden, die Abgehängten, die Neugierigen auf das was die Neurechten ihnen versprechen.

Zurück zu Höcke. Die Entwicklungen die sich aus der aktuellen Analyse von Kemper ergeben könnten, also die mögliche Erpressbarkeit der AfD durch die NPD, könnte ‘Höcke’ sowohl sein Amt als Lehrer sowie seine Karriere in der AfD kosten. Auch der Bundes-AfD wäre durch ihre Abhängigkeit dem Höcke-Flügel gegenüber, also viel daran gelegen, dass ‘Höcke’ sauber aus der Nummer raus kommt. ‘Höcke’ bindet eine ganze Neurechte Jugend hinter sich. Das zeigen vor allem die jungen “Alternativen” in der AfD. Die wiederum direkt an die ‘Identitäre’ und an junge ‘Burschenschaften’ gekoppelt sind und europaweit vernetzt.

Diese Kraft und die Hoffnungen die auf Höcke als neuer Führer eines bestimmten Lagers der Neurechten projiziert wird, kann und will die Bundes-AfD nicht riskieren und deswegen ist es für liberale bis linke Kräfte um so wichtiger, diese Schwachstelle der AfD, die in den Personen selbst liegt, im Wahlkampf offen zu legen. Nicht allein die Hetze die von der Partei ausgeht muss fokussiert und angegriffen werden, sondern ihre einzelnen Persönlichkeiten von den diese Strategien ausgehen. Ihre Widersprüche und das was sie zu verbergen suchen aufzudecken, sind das Mittel das sie am ehesten zu Fall bringen.

Die Pelze zum Wolfsrudel

Aus dem Blickwinkel der unbequemen Aufklärung über die Verflechtungen und Figuren in der AfD und Neurechten, bekommt Jemand wie ‘Höcke’ aus unserer Sicht erst das öffentliche Interesse das ihm zusteht und zu dem im Mainstream zu wenig Interesse besteht. Kurze Empörungen und bloßes Abarbeiten an den Tabubrüchen helfen kaum, sie sind Teil der Strategie der Neurechten und um im Bild zu bleiben, Teil ihres Schafspelzes. Es erfüllt den Zweck den Diskurs zu verschieben und bei Kritik daran sich als Opfer zu stilisieren. Die braune Propaganda die ‘Höcke’ selbst in den Mainstream kippt, sollte vernachlässigt werden und nur in die Analyse zur Gesamtentwicklung der AfD einfließen. Um nicht den Fehler zu machen über jedes Stöckchen zu springen, das ‘Höcke’ und sein strategisch operierender Flügel den Medien bewusst hinhält. Der offensichtlich seit dem Bundesparteitag in Köln von der Bundes-AfD vorübergehend verordnete Maulkorb, gegen die Wahlkampf gefährdenden Parolen von ‘Björn Höcke’, gibt Zeit den Werdegang und die eigentliche politische Zielrichtung der Person ‘Höcke’ sowie seine politischen Verflechtungen und Einflüsse nachzuzeichnen und die Ergebnisse öffentlich zu diskutieren und progressive Strategien zur Zurückdrängung und Dekonstruktion der “Neurechten” Ideologie zu entwickeln.

Redaktion
AfD Watch Bremen

 

*Wir haben ‘Björn Höcke’ mit in unsere Berichte aufgenommen, da die AfD Bremen sich hauptsächlich in Abhängigkeit zum Höcke-Flügel positioniert und mit Personen wie Tassis, Magnitz, Teske, Mergard in Bremen Akteure findet, die ihre gesamte politisches Wirken darauf ausrichten, die neurechte Ideologie zu verankern. 

Der aktuelle Stand zu den Verwicklungen zwischen Höcke und der NPD, von Andreas Kemper, hier.